Auto und Uhr
Wäre alles beim alten geblieben, hätte es diese Kooperation mit Sicherheit nicht gegeben. Doch dann kam das Jahr 1998, in dem die 1919 gegründete Bentley Motors Ltd. Mitglied der deutschen Volkswagen-Gruppe wurde. „Das brachte der altehrwürdigen britischen Automarke wesentlich mehr Entwicklungs- und Gestaltungsfreiheit als unter den ehemaligen Rolls-Royce-Fittichen.“ So jedenfalls sieht Jean-Paul Girardin (JPG), Vizepräsident und operativer Chef der 1884 ins Leben gerufenen Uhrenmarke Breitling die Dinge.
Jean-Paul Girardin
Nicht zuletzt aus diesem Grunde kreuzten sich die Wege zweier Traditionsunternehmen, welche –Zufall oder nicht- ein geflügeltes B als Markenzeichen eint. Darüber hinaus weisen die Produkte von Bentley und Breitling noch eine ganze Reihe anderer Gemeinsamkeiten auf. Beide gehören zu den begehrtesten Spielzeugen technikverliebter Männer.
Beide besitzen einen Motor und ein mechanisches Getriebe. Während die Maschine eines Bentley Continental GT jedoch satte 560 PS auf die Straße bringt, begnügt sich Breitling mit einer Milliardstel Pferdestärke. Mehr braucht es nämlich nicht, um ein mechanisches Uhrwerk am Laufen zu halten. Im Gegensatz zum röhrenden Kraftpaket mit vier Rädern, das bei Theater-, Restaurant- oder Barbesuchen irgendwo am Parkplatz oder in der Garage ausharren muss, ist die sanft tickende Begleiterin am Handgelenk jedoch immer und überall präsent. Nicht zuletzt deshalb besitzen Liebhaber nobler Karossen meist auch ein Faible für hochwertige Armbanduhren.
Gewinnbringende Kooperation
Der fruchtbare Dialog zwischen Bentley und Breitling nahm seinen Anfang im Jahre 2002. „Bentley brauchte finanzielle Unterstützung für ein Comeback bei den legendären 24 Stunden von Le Mans, welche die Marke bereits 1924 und von 1927 bis 1930 insgesamt fünf Mal gewonnen hatte.“ weiß JPG zu berichten. Nach einigen Verhandlungsrunden konnte noch 2002 ein „Vertrag mit mehrjähriger Dauer“ unterzeichnet werden. „Nur so machte es Sinn, in eine eigenständige Uhrenlinie zu investieren. Eine klassische Breitling mit dem zusätzlichen Zifferblattaufdruck Bentley kam für beide Seiten nicht in Betracht. „Breitling for Bentley“ musste etwas Besonderes sein, das die Dynamik der Uhren- und das Prestige der Automarke in sich vereint.“ Das zeigte sich bereits bei der Präsentation des Continental GT im gleichen Jahr. Seine Instrumente wiesen eine unverkennbare Breitling-Handschrift auf und seine Borduhr trug die entsprechende Signatur. Im folgenden Jahr agierte Breitling als Sponsor der mehr als 600 PS starken Bentley-Boliden, welche in Le Mans bekanntlich einen Doppelsieg einfahren konnten. Klar, dass dieses glorreiche Ereignis nach einem limitierten Chronographen mit 24-Stunden-Zifferblatt, dem „Bentley Le Mans“ verlangte. Diese Armbanduhr erfreut sich in Sammlerkreisen bereits größter Beliebtheit, was sich in bemerkenswerten Second-Hand-Preisen niederschlägt.
Breitling for Bentley Motors “Le Mans”
Von da an starteten Breitling und Bentley auf den Uhrensektor gemeinsam durch. Es entwickelte sich eine echte win-win-Situation. „Plötzlich fanden sich unsere Breitling for Bentley-Uhren auch in Artikeln von Automobil-Journalisten, wo wir als originäre Marke bislang so gut wie nicht vertreten waren.“ Beim Vertrieb setzte Breitling auf die bewährte Partnerschaft mit dem Uhren-Fachhandel. „Die Distribution ist wegen der deutlich höheren Durchschnittspreise sehr selektiv. Für uns stand daher von Anbeginn fest, dass kein Breitling-Konzessionär auf die Breitling for Bentley–Linie verpflichtet werden sollte. Andererseits erstaunte und erfreute uns das spontane Interesse an diesen Produkten mit eigenständiger Optik“, deren Wiedererkennungswert jedoch völlig außer Zweifel steht. Egal, ob es sich um die Chronographenmodelle Bentley Motors & „T“, Bentley 6.75, Bentley GT oder die komplizierten Spitzenstücke Bentley Perpetual und Bentley Mulliner Tourbillon handelt: Die Identifikation mit Breitling gelingt rasch und ohne Mühen.
Individualität groß geschrieben
Apropos Mulliner Tourbillon: Mehr Individualität bei der Gestaltung einer Armbanduhr ging fast nicht.
Breitling for Bentley “Mulliner Tourbillon”
Handaufzugswerk des “Mulliner Tourbillon”
Was Bentley beim „Mulliner“ realisierte, war auch für Breitling eine Selbstverständlichkeit. Somit kann jedes vor acht Jahren hergestellte Exemplar mit Fug und Recht als Unikat gelten. Dafür sorgten gravierte Besitzer-Initialen auf dem Handaufzugskaliber 18B, 15 Farben aus der Bentley-Palette für die Zifferblätter, handgeschnitzte Perlmutt-Stundenindexe sowie rückwärtige Dekors in den gleichen Farbtönen und Holzarten wie die Verkleidungen beim exklusiven Auto. Wie alle seine anderen Armbanduhren lieferte Breitling dieses Meisterstück mit einem offiziellen Chronometerzeugnis. Das einzige Problem dabei: Die Produktion beschränkte sich auf monatlich zwei Exemplare und war seit der Baselworld 2005 praktisch ausverkauft. Zu kurz Gekommene konnten sich mit dem unlimitierten „Flying B“ trösten, der außergewöhnlichen Neuheit des Jahres 2006, denn eine Breitling mit rechteckigem Gehäuse hatte es schon lange nicht mehr gegeben.
Breitling for Bentley “Flying B”
Aber der Autopartner machte offensichtlich auch scheinbar Unmögliches möglich. Diese Armbanduhr ohne Stopper dafür jedoch mit aufwändig gestaltetem Zifferblatt, großem Minutenzeiger, springender digitaler Stundenindikation und kleiner Sekunde bei der „6“ belegte den unverkennbaren Design-Einfluss von Bentley.
Das Jahr 2008 brachte mit der „Bentley GMT“ einen multifunktionalen Reisebegleiter, welcher neben dem Chronographen auch ein Dispositiv zur Indikation einer zweiten Zonenzeit besaß. 24 Städtenamen auf dem Höhenring diesen zur simultanen Darstellung entsprechend vieler Zeitzonen rund um den Globus.
Breitling for Bentley GMT
2010 wartete die damals 126-jährige Uhrenmanufaktur mit dem „Bentley Supersports“ Chronographen auf, welche sich als Hommage an den 329 km/h schnellen Continental Supersports verstand. Die stählerne, auf tausend Exemplare limitierte Spezialserie verfügte in Anlehnung an die typischen Bedienungsknöpfe des automobilen Boliden über einen markanten, reliefgerändelten Glasrand.
Breitling for Bentley “Supersports”
Zum sportlichen Outfit, das Tachymeterskala und Rechenschieber beinhaltet, passte das zugekaufte, aber selbstverständlich chronometerzertifizierte Chronographenwerk mit Selbstaufzug, zentralem 60-Minuten- sowie 12-Stunden-Zähler.
Zehn Jahre Gemeinsamkeit bringen Manufaktur
Das Jahr 2013 steht bei Breitling im Zeichen einer zehn Jahre währenden Zusammenarbeit, welche ganz offenkundig keinerlei Abnützungs- und Ermüdungserscheinungen zeigt. Anlässlich dieses Jubiläums musste kommen, was die Szene schon ab 2009 mit schöner Regelmäßigkeit erwartet hatte. Gemeint ist die Verwendung der eigenen Manufaktur-Chronographen. Zu dieser Thematik nur so viel: Schon 2002 hatte sich irgendwie abgezeichnet, dass Breitling stärkere Unabhängigkeit vom angestammten Werkelieferanten Eta suche. Weil gut Ding Weile braucht und das der 125. Markengeburtstag musste sich die Fangemeinde noch bis 2009 gedulden. Das debütierte das Manufakturkaliber B01 mit Selbstaufzug, Vertikalkupplung und Schaltradsteuerung.
Breitling Manufakturkaliber B01
Explosionsdarstellung des B01
Weil man auf einem Bein bekanntlich schlecht steht, arbeitete Breitling konsequent an diesem Kaliber weiter. Es folgten 2012 das B02 mit Handaufzug,
Breitling B02
das B04 mit GMT-Funktion zur Indikation einer zweiten Zonenzeit und das B05 mit intelligentem Weltzeit-Dispositiv.
Breitling B05
2013 stellte Breitling passend zu zehn Jahre „Breitling for Bentley“ das brandneue Tempo-Kaliber B06 vor.
Im Bentley-Stil: Das Automatikkaliber B06
Seine Besonderheiten leiten sich ab von einer Idee, die Gaston Breitling schon 1926 vorgestellt hatte.
Gaston Breitling
Üblicher Weise bewegt sich der zentrale Chronographenzeiger jede Minute einmal um das Zifferblatt. Bei einer Unruhfrequenz von vier Hertz, welche Achtelsekunden-Stoppungen ermöglicht, bedingte das 480, oder, wenn man sich mit einer Viertelsekunden-Anzeigegenauigkeit begnügt, immerhin noch 240 Indexstriche. Dem Ablesen ist das logischer Weise nicht unbedingt zuträglich. Bereits 2003 hatte Breitling das von Gaston Breitling entwickelte Prinzip, den Stoppzeiger doppelt schnell, also innerhalb von 30 Sekunden einmal komplett drehen zu lassen, wieder aufgegriffen. Und zwar in Kooperation mit dem Chronographen-Spezialisten Dubois-Dépraz pünktlich zum Start der Kooperation mit Bentley Motors.
Doppelt schnell: Breitling for Bentley 2003
Auf Module ist das Grenchener Familienunternehmen längst nicht mehr angewiesen. Das B06 basiert auf dem B01 und entstammt daher eigener Manufaktur. Seine Unruh oszilliert mit besagten vier Hertz. Nachdem der Chronographenzeiger einmal mehr doppelt schnell rotiert, lassen sich die Sekundenbruchteile sehr exakt ablesen. Bedingt durch diesen konstruktiven Kunstgriff drehen die beiden Zählzeiger in 15 Minuten und sechs Stunden. Im Verbund mit der Drehlünette und einer ausgeklügelten Skalierung gelingt ferner das Berechnen der zurückgelegten Distanz und der insgesamt erreichten Geschwindigkeit. Das Zifferblatt kann als echtes Kunstwerk gelten. Seine Struktur, die gewisse Einblicke gestattet, entsteht mit Hilfe moderner Lasertechnik.
Breitling for Bentley B06
Der am Handgelenk unübersehbare Jubiläums-Stopper misst stattliche 49 Millimeter. Seine Schale ist in Stahl oder Gold erhältlich. Dem nassen Element widersteht sie bis zu zehn bar Druck.
Breitling for Bentley B04 GMT Silver Storm
An Globetrotter wendet sich die „Bentley B04 GMT“ zur Anzeige einer zweiten Zonenzeit oder –on the top- die „Bentley B05 Unitime“ mit patentierter Weltzeitindikation. Wer regelmäßig in ferne Länder reist und im Zuge des Zeitzonenwechsels sämtliche Indikationen modifizieren möchte, muss nur die gezogene Krone vor- oder rückwärts drehen. Das Datum wechselt selbsttätig auf die jeweilige Ortszeit. Die 24-Städte-Lünette trägt auch der Sommerzeit Rechnung. Selbstverständlich liefert Breitling jedes der Uhrwerke mit offiziellem Chronometerzertifikat. Mit dem wiederum 49 Millimeter messenden Stahl- oder Rotgoldgehäuse, geht ein großzügig dimensioniertes Zifferblatt einher. Und das wiederum begünstigt die Ablesbarkeit.
Breitling for Bentley B05 Unitime