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Channel: Gisbert L. Brunner
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Junghans und die Hommage an Max Bill

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Zweifellos zählt der Schweizer Architekt, Bildhauer, Maler und Produktgestalter Max Bill (1908 - 1994), zu den bedeutendsten Vertretern und Theoretikern der konkreten Kunst. In den Jahren 1927 und 1928 studierte er am legendären Dessauer Bauhaus, dessen Stil sein vielseitiges Werk später entscheidend prägte. Das erklärte Ziel der Bauhaus-Schule mit bekannten Protagonisten wie Walter Gropius, Paul Klee und Mies van der Rohe bestand in der Überwindung der immer wieder als diskriminierend empfundenen Trennung von Künstlern und Handwerkern. Dies galt insbesondere beim Entwurf und bei der Produktion von Gebrauchsobjekten fürs Alltagsleben. Auf diese Weise entstanden in einem bis dahin unüblichen Miteinander beispielsweise Stühle, Tische, Lampen, Vasen und vieles mehr. Alles in eigenständiger Formen- und Farbensprache, alles funktional gestaltet und gestalterisch auf das Wesentliche reduziert. Formal gründete sich die Bauhaus-Theorie auf Kreis, Quadrat und Dreieck. Basierend auf den Lehren von Paul Klee und Wassily Kandinsky gesellte sich zur Form die Farbe.
Für diese Bauhaus-Ideale setzte sich Max Bill auch als Publizist und Lehrer an der von ihm mit begründeten Hochschule für Gestaltung in Ulm ein.
Seine Philosophie, „das Nützliche, das auf schöne Art Bescheidene" zu schaffen, brachte der Künstler Anfang der 1960-er Jahre in einer Serie von vier Armbanduhr-Zifferblättern auch chronometrisch zum Ausdruck. Im Auftrag der deutschen Manufaktur Junghans demonstrierte Max Bill seine „Produktform". Das, was man heute landläufig als Design bezeichnet, dominiert die harmonische Übereinstimmung aller Funktionen. Form und Material haben ihr zu gehorchen.
Die mit diesen klar strukturierten Zifferblättern ausgestatteten Armbanduhren, heute übrigens allesamt gesuchte Sammlerobjekte, gab es in Größen für Damen und Herren. Damen konnten sich u.a. die Golddoublé-Referenz 73/5479 (Durchmesser 25 mm) mit dem 17-steinigen Handaufzugskaliber J 73 (6¾ Linien) ans Handgelenk schnallen. Ihr Publikumspreis lag bei ca. 75 Mark. Luxus pur verstrahlte das massivgoldene Herrenmodell, 14 Karat, in den sich das Manufakturkaliber 84/S3 fand. Seinerzeit war es für rund 270,– DM wohlfeil. Chronographen im Max Bill-Stil bot Junghans trotz des hauseigenen Handaufzugskaliber J 88 hingegen nicht an.
Ungeachtet dessen ist es kein Wunder, dass Junghans, heute unter Ägide der Familie Steim, den großen Max Bill in einer eigenen Uhrenlinie verewigt. Fast von selbst mag es sich auch verstehen, dass die Max Bill „Chronoscopen“ angesichts moderater Publikumspreise ab 1.645 Euro das Zeug zu Kollektions-Bestsellern haben.
Mit dem Wort Chronoscope erinnern die Schramberger ganz bewusst an die richtige Titulierung von Uhren mit integrierter Stoppfunktion. Solche zeigen im Gegensatz zu echten Chronographen, welche Zeitintervalle mit Tinte aufs Zifferblatt bannen, Gemessenes mit Hilfe von Zeigern an.

Junghans Max Bill Chronoscope, Preis EUR 1.645,–

Mit dem guten alten Manufakturkaliber J 88 haben die heutzutage verbauten J880.2 trotz ähnlicher Bezeichnung überhaupt nichts mehr gemein. Zum einen besitzt das Aktuelle einen Rotor-Selbstaufzug sowie andererseits auch eine Datums- und Wochentagsanzeige bei der 3. Schließlich sind die beiden Totalisatoren in senkrechter Linie angeordnet. Kenner der Szene wissen spätestens jetzt, dass hinter dem intransparenten Boden ein Eta/Valjoux 7750 mit vier Hertz tickt und stoppt. Etwas anderes kann und darf Mann beim genannten Preis logischer Weise auch nicht erwarten. Als Hommage an den puristischen Gestaltungsanspruch gab es keinen Platz für die üblicher Weise bei der „9“ rotierende Permanentsekunde.

Junghans Max Bill Chronoscope 027/4501.00
Automatikkaliber Eta/Valjoux 7750, von Junghans J880.2 genannt
Stoppfunktion mit 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler
Datums- und Wochentagsanzeige

Gehäuse Edelstahl
Durchmesser 40 Millimeter
Gesamthöhe 14,4 Millimeter
Bombiertes Plexiglas mit „Sicralan“-Beschichtung
spritzwassergeschützt

Kalbslederband mit Edelstahl-Dornschließe

Junghans Max Bill Chronoscope 027/4500.44
Wie Modell 027/4501.00
Nur mit stählernem Milanaise-Armband statt Lederband

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Junghans Max Bill Chronoscope mit stählernem Milanaiseband, EUR 1.695


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