François, die Entwicklung des neuen Royal Oak Laptimer Michael Schumacher geht auf eine Idee des Formel-1-Piloten zurück.
Die Idee muss in seinem Kopf schon lange gereift sein, bevor er als Markenbotschafter zu Audemars Piguet stieß.
Wie das?
Es dauerte 2010 nur eine Sekunde, bis uns mitteilte, gerne ein Mitglied der Audemars Piguet-Familie und Markenbotschafter zu werden. Aber, sagte Michael, ich habe gehört, dass ihr großartige Uhrmacher seid. Und deshalb habe ich eine große Herausforderung für euch. Ich möchte gerne eine mechanische Armbanduhr, die mehrere Rundenzeiten unmittelbar nacheinander stoppen kann.
Deine Reaktion?

Francois-Henri Bennahmias, CEO von Audemars Piguet
Ich sagte okay, aber so etwas hat es noch nie gegeben, haben wir auch bei Audemars Piguet noch nie gemacht.
Und Michael Schumacher?
Genau deshalb frage ich ja danach. Anschließend bat ich um drei bis vier Monate Geduld, um mich bei unseren Uhrmachern wegen der Machbarkeit zu erkunden. Dann ging ich wieder auf Michael Schumacher zu und teilte ihm mit, dass es möglich ist, eine derartige Uhr zu entwickeln. Aber ich könne nicht sagen, wie lange es dauern werde.
Anschließend startete Audemars Piguet das Projekt sofort?

Francois-Henri Bennahmias, Sabine Kehm, die Managerin von Michael Schumacher und Giulio Papi von Renaud & Papi
Wir begannen unverzüglich zusammen mit unserer eigenen Technikschmiede Renaud & Papi. Keine getrennten Aktionen in Le Brassis und Le Locle, sondern echte Teamwork, so wie ich es künftig für Audemars Piguet haben möchte.
Wie lange dauerte es dann von ersten Skizzen bis zur fertigen Uhr?
Technisch waren wir Ende 2013 fertig. Kurz vor Michaels Unfall. Also Uhrwerk, Gehäuse, alles. Aber die Uhr war nicht durchgetestet. Deshalb startete dann ein umfangreicher Check, der alle Aspekte umfasste. Etwas mit dem Namen Michael Schumacher durfte unter keinen Umständen Fehler aufweisen. Alles musste perfekt funktionieren, sanfte Druckpunkte, exaktes Starten ohne Sprung. Der Weg zur Perfektion dauerte bis Mai 2015.
Hat AP mit Chronofiable kooperiert?
Nein, alle Test und Überprüfungen sind nur im eigenen Haus erfolgt. Und das erfüllt uns mit Stolz, denn die Uhr arbeitet wirklich perfekt. Wir werden 221 Uhren machen. Jetzt könnte jemand behaupten, das ist doch nicht viel. Dem muss ich aber entgegnen, dass wir auf diesem Komplikationen-Level von einer ganzen Menge sprechen.
Auf den ersten Blick schaut diese Royal Oak relativ simpel aus.

Ja, und das war auch beabsichtigt. Einfaches, unproblematisches und logisches Handling. Aber das ist auch alles. Die dahinter steckende Mechanik ist alles andere als simpel.
Worin bestanden die größten Herausforderungen bei dieser speziellen Royal Oak?
Das erste war die Größe, bei einer intendierten Gangautonomie von mehr als drei Tagen. Wir sprechen von drei Schalträdern und zwei Federhäusern plus die gesamte Mechanik drumherum. Und das sollte in unsere Concept-Gehäuse. Die ersten Entwürfe zielten auf etwas Riesiges. Das konnte ich nicht akzeptieren. Also schickte ich das Team zurück an den Arbeitsplatz. Wir wollen eine Armband- und keine Großuhr. Das war unsere größte Herausforderung, die wir, wie man sieht, hervorragend bewältigt haben. Das Innenleben ist nicht leicht zu verstehen, aber die Uhr ist ohne viele Erklärungen zu nutzen. Und darauf kam es uns an. Mitunter fordern die einfachsten Sachen am meisten heraus.
Audemars Piguet versteht sich, wie man hier einmal mehr sieht, auf extrem komplizierte Mechanik.
… (singt) ich rieche schon den Braten, worauf du hinaus möchtest
… genau, da liegst du absolut richtig. Für die klassischen Offshore-Chronographen nutzt ihr eine Kombination aus eurem eigenen Automatikkaliber 3120 und einem ausgesprochen zuverlässigen Dubois-Dépraz-Modul. Das kann doch nicht die chronographische Zukunft von Audemars Piguet sein.

Royal Oak Offshore Chronograph mit Stopp-Modul von Dubois-Dépraz
Langer Rede kurzer Sinn. Ich kann hier und heute bestätigen, dass wir an einem neuen Automatikkaliber mit integriertem Chronographen arbeiten. Es war 2017 auf den Markt kommen.
Funktioniert es schon?
Ja, es ist im Grunde genommen fertig. Ein wunderschönes Uhrwerk.
Gemacht für größere Serien? Absolut. Für alle unsere Modelle mit einfachem Chronographen. Royal Oak oder Offshore.
AP ist Spezialist für Tourbillons. Wenn du den Drehgang mit einem Chronographen vergleichst. Wie würdest du das jeweilige Anforderungsniveau sehen?
Ein Chronograph ist ungleich schwieriger. Sehr viel schwieriger. Bezogen auf den heutigen Stand. Damals, 1986, als wir die weltweit erste Serienarmbanduhr mit automatischem Aufzug und Tourbillon lancierten, war das Tourbillon auch extrem anspruchsvoll in der Entwicklung und Fertigung. Heute ist der Chronograph auch mit Blick auf die Art der Nutzung schwierig. Leute drücken ständig daran herum, wollen Präzision. Man akzeptiert keine Sprünge des Chronographenzeigers beim Start. In den 1940-er Jahren war das doch völlig egal. Egal ob ein neuer Chronograph manuellen oder automatischen Aufzug besitzt: Er muss perfekt sein. Als ich bei Audemars Piguet als CEO angetreten bin, habe ich die Maxime herausgegeben, dass alles unabhängig vom Grad der Komplikation perfekt funktionieren muss. Ohne jeden Kompromiss. Super geniale Konstruktionen sind mir völlig egal, wenn sie ihren Zweck nicht absolut zuverlässig erfüllen. Das brachte einen Mentalitätswechsel in unser Haus. Aus diesem Grund haben wir eine ganze Reihe von Mechanismen in die Zukunft verschoben.
Zurück zum Chrono. Was kannst du noch dazu sagen?
Wir wollen Exzellenz, ästhetische Schönheit und technische Vollkommenheit.
Ist das deine Philosophie für die Zukunft?
Ja. Wir sind ein tradiertes und vor allem wirtschaftlich sehr gesundes Familienunternehmen. Wir wollen und müssen bei den Quantitäten nicht um jeden Preis wachsen. An erster Stelle sehe ich die Perfektion. Alles andere muss dahinter zurückstehen. So sehen das auch die Eigentümer. Sie zwingen mich nicht, jährlich um soundsoviel Prozent zu wachsen. Aber sie nötigen mir Perfektion ab.
Wenn der neue Chronograph kommt, braucht AP ja Produktionskapazitäten. Stehen die im neuen Manufakturgebäude in Le Brassus zur Verfügung?
Uneingeschränkt ja. In unserem Zeitplan sind wir, das kann ich auch noch mittteilen, derzeit ein bis zwei Monate voraus.
Wird der Chrono denn besondere Konstruktionsmerkmale oder technische Raffinessen aufweisen?
(singt) Das erzähl ich dir nicht
Daraus schließe ich, dass es etwas Spezielles geben wird. Ein 08/15-Chrono würde auch nicht zu AP passen.
Die Entwicklung lag bei unseren AP-Technikern in Le Brassus und auch bei Renaud & Papi. Wiederum ein Teamwork Wir haben keine getrennten Entwicklungsabteilungen mehr. Künftig arbeiten alle Talente zusammen. Was früher passierte, dass da und dort Talente unabhängig voneinander tätig waren und keine Synergien gehoben wurden, ist etwas Unglaubliches. Das wird es unter meiner Leitung nicht mehr geben.
Künftig wird AP, wenn ich dich irgendwann richtig verstanden habe, auf mehreren Säulen ruhen. Da sind High-End-Produkte wie beispielsweise die neue Minutenrepetition, welche wir in Genf gesehen haben und die eines Tages vermutlich in Serie gehen wird. Dann haben wir die Royal Oak mit allen Facetten…
… und die neue runde Uhrenlinie, die auch kommen wird.
wann?
Wir haben sie bislang noch nicht gezeigt, weil sie 2017 gleich mit der neuen Mechanik auf den Markt kommen soll.
Das wird dann ein stärkeres Gegengewicht zur Royal Oak sein, die bei AP momentan noch welchen Marktanteil hat?

Die Ur Royal-Oak von 1972
80 Prozent.
Respekt, dann wird es höchste Zeit für ein weiteres starkes Standbein.
Genau so sehe ich das auch.