„Seitdem ich im Uhrenbusiness, also bei Jaeger-LeCoultre, A. Lange & Söhne und jetzt bei Montblanc Verantwortung trage, aber ich rund 800 Uhrenmodelle zur Welt gebracht. Die meisten davon adressierten sich an Herren. Aber die Damenuhren stellten stets eine ganz besondere Herausforderung dar.“ Das erklärte mir Jérôme Lambert, der aktuelle Montblanc-CEO während eines Interviews beim Lancement der femininen Bohème-Linie am 28. August 2014 in Schanghai.
Montblanc-CEO Jérôme Lambert
„Bei der Kreation von Damenuhren besitzen Eleganz und Raffinesse einen ganz besonderen Stellenwert. Vor allem dann, wenn einem, wie von uns intendiert, nur 30 Millimeter Durchmesser zur Verfügung stehen. Da kommst es wirklich auf kleinste, vordergründig unscheinbare Details an.“ Auf die Frage, ob Jérôme und sein Team Anleihen bei bestehenden Montblanc-Uhrenlinien genommen haben, kam das Gespräch sehr schnell auf die 1997 vorgestellte Star-Kollektion.
Montblanc Star mit doppelter Mondphasenanzeige (2014)
„Zur Bewahrung der Identität und des Wiedererkennungswerts haben wir uns natürlich im eigenen Haus umgesehen. Beispielsweise war die Lünette hier immer rund. Und das haben wir bei der Bohème natürlich aufgegriffen. Bei den Stundenziffern wollten wir aber bewusst eine modifizierte Typographie. Mit unseren Vorstellungen haben wir die für uns zuständigen Mitarbeiter vom Metalem, dem Zifferblattfabrikanten fast zur Weißglut gebracht. Bis zur endgültigen Version mussten etwa dreißig verschiedene Entwürfe umgesetzt werden.“ Dazu kam das guillochierte Zifferblatt-Zentrum.
Montblanc Böhème in Rotgold mit Diamant-Lünette, 8.500 Euro
Als komplexe Zusatzfunktion kam für Jérôme Lambert in erster Linie das hilfreiche, und der Optik des Ganzen besonders zuträgliche ewige Kalendarium in Betracht, welches auch im „Meisterstück Heritage Perpetual Calendar“ zu finden ist. Vom Schaltwerk hat Montblanc in weiser Voraussicht bei Dubois-Dépraz reichlich Exemplare bestellt.
Komplexe Unterzifferblatt-Mechanik des ewigen Kalenders in der Bohème Perpetual Calendar Jewellery und natürlich auch im Meisterstück Heritage Perpetual Calendar
Wegen den Kapazitätsgrenzen beim traditionsreichen Spezialisten im abgeschiedenen Vallée de Joux, der diesbezüglich vorerst ausverkauft ist, reichen die verfügbaren Quantitäten, wie mir Jérôme Lambert mit einem lachenden und einem weinenden Auge erklärte, aber nicht aus, um das goldene Flaggschiff „Bohème Perpetual Calendar Jewellery“
Montblanc Bohème Perpetual Calendar Jewellery, 19.900 Euro in Rotgold mit Brillantlünette
auch in einer stählernen Version anbieten zu können. Ladies mit einem Faible für das weiße Material müssen deshalb nolens volens auf die drei Millimeter größere Heritage-Alternative ausweichen.
Montblanc Heritage Perpetial Calendar in Edelstahl, 10.000 Euro
Aber was nicht ist, kann mit Sicherheit noch werden. Frauen, und natürlich Männer, die sich mit dem Gedanken tragen, der Dame des Herzens eine Bohème als Geschenk zu überreichen, sollten beim Zifferblatt sehr genau hinschauen. Das guillochierte Zentrum besitzt bei der Version mit ewigem Kalender 60
Guilloche mit 60 Strahlen beim ewigen Kalender
und bei der Ausführung mit Fensterdatum 90 Strahlen.
Guilloche mit 90 Strahlen bei den Datums-Modellen
Die Strahlen sind zudem noch unterschiedlich gestaltet. Besagte Sorgfalt bei der Zifferblattgestaltung kommt übrigens nicht von ungefähr. Die Scheibe, vor der die ebenfalls an sie „Star“ erinnernden Zeiger drehen, trägt nach Auffassung maßgeblicher Designer immerhin bis zu 80 Prozent zum Gesamteindruck einer Uhr bei. Dieser Sachverhalt rechtfertigt allerdings nicht, die Optik des Gehäuses in irgendeiner Weise zu vernachlässigen. Welchen gestalterischen Aufwand Montblanc auch hier, also beim Korpus und den immens wichtigen Bandanstößen betrieben hat, können Frau und Mann nur bei einer differenzierten Betrachtung des Ganzen erleben.
Einstieg in die Bohème Kollektion mit Automatikwerk und Fensterdatum: 2.350 Euro für die Version mit 8 Diamanten am Zifferblatt
Gerade Gehäuseflanken bei der 30-Millimeter-Bohème mit Automatikwerk und Datumsanzeige
Montblanc Bohème mit dem Automatikkaliber Eta 2671, von Montblanc 24.14 getauft
Als ich Jérôme darauf aufmerksam machte, dass sich die Schalen für die Datumsuhren und das Kalendermodell unterscheiden, konstatierte er lächelnd, dass das bis dahin noch niemand aufgefallen sei, die gestalterischen Unterschiede jedoch ganz bewusst angestrebt wurden. „Es macht durchaus Unterschiede, um man Uhren mit 30 oder 36 Millimeter Durchmesser gestaltet. Hätten wir das Gehäuse des Quantième Pérpetuelle kleiner gemacht, wäre am Handgelenk Präsenz verloren gegangen. Deshalb gibt es bombierte Gehäuseflanken und die dazu passenden Bandanstöße eben nur beim ewigen Kalender.“
Bombierte Gehäuseflanlen bei der Bohème mit ewigem Kalender, dazu anders geformte Bandanstöße
Montblanc Bohème Perpetual Calendar Jewellery:Gehäuseflanken und Rückseite mit dem Automatikkaliber Sellita SW300
Apropos Armband: Hier hat die Kalender-Bohème der kleineren Schwester (noch) ein wesentliches Merkmal voraus. Wer die Befestigung betrachtet, wird schnell besondere Federstege erkennen, die auch Frau von Welt einen schnellen, unkomplizierten Bandwechsel ohne abgebrochene Fingernägel gestatten.
Montblanc Bohème Perpetual Calendar Jewellery: Bandwechsel leicht gemacht
Ob Montblanc dieses Prachtstück gleich mit einem zweiten Armband liefern werde, wollte ich in diesem Zusammenhang von Jérôme wissen. Der quittierte meine Frage mit einem schallenden Lachen. „Angesichts dieses Preises, aufgerufen sind 19.900 Euro, gab die Kalkulation definitiv kein zweites Armband mehr her.“
Erstmals überhaupt liefert Montblanc die Bohème auch mit einem zweifarbigen Armband.
Zwei Farben meint in diesem Zusammenhang eine Farbe für den Teil mit der Schnalle
und eine andere für jenes mit den Löchern.
Diese Form des farbenfrohen Auftritts weckte bei den anwesenden Journalistinnen zustimmende Aufmerksamkeit. Nun bleibt es abzuwarten, wann andere Uhrenmarken auf diesen Zug aufspringen.
Jérôme zeigte mit bei der individuellen Produktpräsentation auch noch den in die Krone integrierten Diamanten. „Einen größeren wirst du bei keinem Modell mit 36 Millimetern Durchmesser finden.“
Großer Kronen-Brillant im typischen Montblanc-Schliff
Über den Erfolg des weiblichen Newcomers muss sich Montblanc ganz offensichtlich keine Gedanken machen. Schon im Juli 2014 langen erste Modelle ohne Aufsehen und Tamtam in den Vitrinen der Hongkong-Markenboutiquen. „Der Verkauf übertraf unsere kühnsten Erwartungen. Von vier gelieferten Uhren war nach nur einem Tag keine einzige mehr da. So gesehen handelt es sich bei der Bohème es sich um den schnellsten und besten Spontan-Sellout, den ich in meiner Karriere erlebt habe.“ Frauen, die keine knapp 20.000 Euro für eine Bohème ausgeben können, trotzdem aber klassische Mechanik mit Selbstaufzug wünschen, können ihren Hedonismus ab 2.350 Euro erfüllen.
Dafür gibt es die Bohème mit acht Diamanten am Zifferblatt und einem bemerkenswerten Datumsfenster. Selbiges findet sich in Navetteform bei der „6“. Das intelligente Spitzoval gewährleistet trotz des geringen Durchmessers des Automatikkalibers Eta 2671 (17,2 Millimeter) eine erstaunlich gute Ablesbarkeit.
Erstaunlich gut ablesbar: das Datum im spitzovalen Fenster der Montblanc Bohème
Zu meinen persönlichen Favoriten gehört übrigens die „Bohème Bleue“ mit Diamantlünette.
Montblanc Bohème Bleue, 4.090 Euro
Der augenfällige Edelstahl-Zeitmesser ist für 4.090 Euro käuflich zu erwerben, während die Variante mit ziviler Farbgebung 100 Euro günstiger zu haben ist. Für Massivgold mit Brillantlünette muss Frau oder ihr Gönner 8.500 Euro auf den Tisch des Juweliers blättern. On the top gibt es eine Bohème mit Brillantlünette und steinbesetztem Zifferblatt-Zentrum. Diese Uhr schlägt mit 12.900 Euro zu Buche.
Das Top-Modell der Bohème-Kollektion mit Automatikwerk und Datumsanzeige kostet 12.900 Euro
Es geht übriges noch günstiger, wenn statt des Automatikwerks ein Quarz-Kaliber die Zeit anzeigen kann. Das jedenfalls erläuterte mir Alexander Schmied, der bei Montblanc als „Managing Director Watches“ die Verantwortung für den Bereich Uhren und damit rund 100.000 Zeitmesser per annum trägt.
Alexander Schmied, Managing Director Uhren bei Montblanc
Die nur 27 Millimeter große Bohème Quarz ist bereits zu Preisen ab 1.450 Euro zu haben. Und den passenden Bohème-Schmuck im Preisspektrum zwischen 500 und 5.000 Euro offeriert Montblanc ebenfalls. Getrieben durch Jérôme Lambert besitzt Alexander ganz klare Zielperspektiven: „Wir wollen jedes Jahr bei den Uhren zweistellig wachsen und Leader im Preisbereich Bereich zwischen 2.000 und 5.000 Euro werden.“ Dazu wird es irgendwann, vielleicht schon im Januar 2015 zum Genfer Uhrensalon SIHH spezielle und vor allem sinnvolle Zusatzfunktionen fürs zarte Geschlecht geben Diesbezüglich darf man gespannt sein.
Von Jens-Henning Koch,
Montblanc Marketing- und Kommunikationschef Jens-Henning Koch
der als Marketing- und Vertriebschef von A. Lange & Söhne zu Montblanc gewechselt ist, begehrte ich zu wissen, warum eine deutsche Marke diese Uhrenliniere ausgerechnet in Schanghai und damit weit weg von der Heimat vorstellt. Eine klärende Antwort folgte wie aus der Pistole geschossen: „Montblanc ist hier eine bestens eingeführte und hoch geschätzte Marke mit hohem traditionellen Wert. Dazu gibt es mehr und mehr Chinesinnen, die aus eigener Kraft ein Millionenvermögen erwirtschaftet haben. Da liegen wir beispielsweise mit unserem ewigen Kalender, und es gibt bekanntlich unter allen Uhrenmarken weltweit nur zwei, die Frauen eine derartige Komplikation offerieren, goldrichtig. Und als Geschenke sind unsere Bohème Zeitmesser hier ebenfalls bestens geeignet.“
Passend zu den Uhren: der Montblanc Bohème Schmuck
Bohème Füllfederhalter gibt es natürlich auch
Daher hatte Asien bei den Erstlieferungen der Bohème eine gewisse Priorität. Europäische Fachhändler können das Produkt irgendwann im September präsentieren. In seinen Augen besteht kein Zweifel daran, dass Frauen tickender Mechanik mehr und mehr zugetan sind. Obwohl stärker als die Männer modisch geprägt, können sie der Langlebigkeit und dem Faktum, dass derartige Uhren auch in Jahrzehnten noch reparierbar sind, viel abgewinnen.
In Shanghai dabei: der Actor Chris Hemsworth und die chinesische Schauspielerin Gwai Lun Mei, links der Moderator und rechts Jérôme Lambert
Als ich Jérôme löcherte, was denn die Herren der Schöpfung Anfang 2015 von Montblanc erwarten dürfen, schmunzelte er wissend. Verraten wollte er jedoch nur so viel: „30 bis 40 Prozent der Neuigkeiten 2015 werden ein eigenes Werk oder mit Blick auf den Preis zumindest spezifische Montblanc-Module auf bewährten, aber zugekauften Kalibern besitzen.“ Ergo bleibt es auch hier spannend. Auf jeden Fall werde ich hier so schnell wie möglich über diese Neuigkeiten berichten.