Das mit Sicherheit berühmteste Gemälde im Pariser Louvre
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ist „La Gioconda“ (auf gut Deutsch „die Heitere“). Unter anderem wegen ihres unergründlichen Lächelns wirkt die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci im weltweit größten Kunstmuseum wie ein Magnet. Dort hängt das auf dünnes Pappelholz gemalte Portrait der Ehefrau des Franceso des Giocondo seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
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Just in dieser Epoche verschaffte sich der gerne als „Leonardo der Uhrmacherkunst“ titulierte Abraham-Louis Breguet durch ständig neue Erfindungen absolute Unsterblichkeit.
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Abraham-Louis Breguet
Zu den wesentlichsten gehörten
‑ die Verbesserung der „montre perpetuelle”, einer Taschenuhr mit automatischem Aufzug,
‑ Vereinfachung und Optimierung der Schlagwerkskonstruktion für tragbare Uhren,
‑ die Uhr mit Tastzeiger, um in der Dunkelheit die Uhrzeit abtasten zu können oder Blinden das Ablesen der Uhrzeit zu ermöglichen,
‑ die „montre à souscription”, also die vorbestellte Serienuhr, welche auch weniger zahlungskräftigen Zeitgenossen den Erwerb einer „Breguet” gestattete und dazu beitrug, die Werkstätten gleichmäßig auszulasten. Der halbe Verkaufspreis war im Voraus zu entrichten. Die Rohwerke für seine Taschenuhren bezog Breguet übrigens aus der Schweiz, mit Vorliebe aus seiner Geburtsstadt Neuchâtel.
‑ die Erfindung des „Tourbillons”, bei dem das in einem filigranen „Käfig“ montierte Schwing- und Hemmungssystem zur Kompensation negativer Gravitationseinflüsse beständig im Kreise dreht,
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Breguet Tourbillon 1801
‑ die Unruhspirale mit hochgebogener Endkurve, heute meistens Breguetspirale genannt,
‑ die Stoßsicherung als wichtigste Erfindung für die alltagstaugliche Armbanduhr.
Breguet Uhrwerk mit “Parachute” Stoßsicherung:![]()
Letztere, der Breguet den vielsagenden Namen „Parachute” gab, debütierte 1790. Um die Wirksamkeit de Fallschirms unter Beweis zu stellen, soll Breguet während eines Empfangs beim französischen Außenminister Charles Maurice de Talleyrand eine besonders wertvolle Uhr aus der Tasche genommen und -zum Entsetzen der Anwesenden- auf den Boden geworfen haben. Nach dem Aufheben tickte der kostbare Zeitmesser so, als sei gar nichts geschehen. Daraufhin meinte Talleyrand mit einem Ausdruck der Bewunderung: „Man kann nie wissen, was dieser Teufel Breguet als Nächstes tun wird.“
Überzeugt von der Kompetenz des wohl bedeutendsten Uhrmachers aller Zeiten waren damals viele aus der Welt des Adels, des gut situierten Bürgertums und des Hohen Klerus. Zu seinen Kunden gehörten unter anderem Napoleon Bonaparte,der Herzog von Orleans, Königin Marie‑Antoinette, König Ludwig XVI, die Königin der Toskana, Fürst Talleyrand, der Prinz von Wales, der König von Spanien, Zar Alexander, König Georg III. von England und Hannover, Alexander von Humboldt und König Friedrich Wilhelm II. von Preußen. Nach dem Tod am 17. September 1823 gesellten sich weitere gekrönte und ungekrönte Häupter hinzu. Bei Lew Nikolajewitsch Tolstoi (Krieg und Frieden), Alexandre Dumas (Der Graf von Monte Christo) oder Alexander Iwanowitsch Kuprin fand Breguet Eingang in die Literatur. Letzterer erzählt in „Die Breguet” von einem adligen Offizier, der nicht mit dem Verdacht leben mag, eine Uhr des Meisters gestohlen zu haben. Deswegen legt er Hand an sich. Und Jules Verne gab seinem Romanhelden Phileas Fogg beinahe selbstverständlich eine präzise „Breguet” für dessen spektakuläre „Reise um die Erde in 80 Tagen“ mit auf den Weg. Schließlich ging es um eine hochkarätige Wette, bei der die Zeit ganz oben rangierte.
Schon 1802 hatte Abraham-Louis Breguet die Ehre, einiger seiner KreationenAnlässlich der französischen Ausstellung von Industrieprodukten im Louvrevorzustellen. Einige Jahrespäter erwarb Vivant Denon als erster„Patron“ des Louvre eine Breguet-Repetieruhr von 1810sowie eine 1811 hergestellte Pendulemit einem Gehäuse aus Biskuitporzellan.
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Breguet Pendule (1811) im Pariser Louvre
Warum ich das alles schreibe? Ganz einfach! Im Herbst 1999 gelangte Breguet unter das Dach der Swatch Group. Und das aus gutem Grund: Als uhrenbegeisterter und kunstsinniger Mensch konnte Nicolas G. Hayek
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Nicolas G. Hayek
bestens nachempfinden, was der große Breguet-Sammler Sir David Lionel Salomons, einst Eigentümer der berühmten „Marie Antoinette”, schon 1921 formuliert hatte: „Noch nie habe ich einem Fachmann oder einen Laien eine Breguet-Uhr gezeigt, ohne die Bemerkung zu hören: ‚Welch ein reizender Anblick!‘ oder ‚Welch schöne Uhr!‘. Daraus schließe ich, dass eine von einem Meister wie Breguet gefertigte Uhr weitgehend einem Gemälde eines Meisters gleichzusetzen ist, das jedermann bewundert, ohne unbedingt zu verstehen, weshalb. Wenn ein Experte die Breguet-Mechanismen untersucht, findet er allerdings viele weitere Gründe, sein Werk zu bewundern. Keines der Werke des Meisters ist genau gleich wie ein anderes; jedes trägt den Stempel seiner Originalität und seines Kunstsinns, der überall an seinen Werken erkennbar ist. Und für jemanden, der sich auf Mechanik ersteht, ist eine Breguet-Uhr tatsächlich ein Gemälde.”
Unter diesen Vorzeichen war und ist es kein Wunder, dass Breguet auf Veranlassung von Nicolas G. Hayek seit 2004 als internationaler Kunst- und Kulturmäzen auftritt. In besagtem Jahr präsentierte die Manufaktur in der Sankt Petersburger Ermitage seltene historische Stücke.Diese waren 2009 auch im Pariser Louvre zu sehen. Ab 2007 förderte Breguet die Restaurierung eines der Schmuckstückeneoklassizistischer französischer Architektur: das Petit Trianon.
Am 17. Juni 2014 konnte ich die nach jahrelanger und millionenschwerer Renovierung neu eröffneten SäleLouis XIV bis Louis XVI im Pariser Louvre besichtigen. In den prachtvollen, geschmackvoll gestalteten Räumlichkeiten sind auf einer Fläche von rund2500 Quadratmetern alle Kollektionen vonKunstgegenständen des 18.Jahrhunderts zu sehen.
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Der renovierte Salle Marie Antoinette im Pariser Louvre
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Büste von Marie Antoinette
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Vitrine mit Taschenuhren im renovierten Teil des Louvre
Dass der seit annähernd zehn Jahren für das Publikum geschlosseneTeil des Louvre in neuem Glanz erstrahlen kann, ist nicht zuletzt auch dem großzügigen Mäzenatentum des nun von Marc A. Hayek geleiteten Hauses Breguet zu verdanken.
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Breguet-CEO Marc A. Hayek
Weil der Enkel des großen Nicolas G. Hayek nicht anwesend sein konnte, sprang seine Mutter Nayla Hayek in die Bresche. In ihrer kurzen Ansprache unterstrich die aktuelle Verwaltungsratspräsidentin nochmals das umfassende Engagement ihres 2010 überraschend verstorbenen Vaters für Kunst und Kultur. Nicolas G. Hayek war es aber auch, der Breguet ab 2003 zu einer waschechten Manufaktur mit jährlich bemerkenswerten Produktinnovationen geführt hatte. Dazu gehören beispielsweise die Implementierung zukunftsweisender Silizium-Komponenten in Breguet-Kalibern, die Magnetlagerung der Unruhwelle oder das Lancement eines ultraflachen Tourbillons mit peripher drehendem Rotor.
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Magnetgelagerte Unruhwelle in der Classique Chronometrie von Breguet
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Breguet extraflaches Automatik-Tourbillon 2013
Alle diese Leistungen knüpfen an die reichhaltige uhrmacherische Hinterlassenschaft des Abraham-Louis Breguet. Einige Exemplare sind natürlich auch im Pariser Louvre zu sehen. Zu ihnen gehören unter anderem
- die silberne N°542Subskriptionsuhr, geliefert am 28. Thermidor im Jahr 8der Republik (16. August 1800) an den Botschafter Candot.
- die ebenfalls silberne N°947Subskription, verkauft im Thermidor des Jahres 10 derRepublik (Juli-August 1802) für 720Francs an den Grafen Gevowsky,
- die Subskription N°1391, Goldgehäuse, Durchmesser 57mm, verkauft am 3. Fructidor im Jahr 13 derRepublik (21. August 1805) für 1200Francs an die Herren Meyer und Tues.
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Breguet Souscription Nr. 1391
- die N°3023, eine kleine Viertelstundenrepetitionmit guillochiertem Goldgehäuse, Durchmesser35 mm, verkauft am 1. August 1817 für 3000Francs an die Herzogin von Wellington, und
- die N°3306, eine goldene Viertelstundenrepetition der Spitzenklasse mit Schlag auf Tonfeder, verkauft am 16. August 1819 für 3130Francs an Lady Maitland.
Im Gegensatz zu Breguet heute hatte der Altmeister übrigens gelegentlich mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Warum, das brachte Geschäftspartner
Xavier Gide am 14. Februar 1791 schriftlich auf den Punkt: „Ich glaube, das größte Hindernis unserer Fabrik liegt darin, dass Sie nicht zwei gleiche Uhren machen.”