Ressence, erklärt mir der 1972 geborene Industriedesigner Benoit Mintiens während der Baselworld 2014, ist ein Kürzel aus Renaissance und Essence.
Benoit Mintiens
Ersteres steht für die Wiedergeburt dessen, was zweitens die Essenz einer Uhr ausmacht. Und das ist die Zeitanzeige, welche der Belgier bei seinen beiden Modellen Typ 1
Ressence Typ 1
und Typ 3 unübersehbar in den Vordergrund rückt. Demgegenüber tritt die im Gehäuseinneren verbaute Mechanik in den Hintergrund. Wie immer man die handschmeichelnden Zeit-Instrumente auch dreht: Vom Uhrwerk und der damit verknüpften Antriebsmechanik ist nichts zu sehen. Die Spitze des derzeitigen Produktspektrums repräsentiert der Typ 3, von dessen stark gewölbter Oberfläche sich natürlich die Stunden, Minuten und Sekunden ablesen lassen. Ganz außen findet sich das Datum. Und die etwas kryptisch gestaltete Indikation mit fünf Strichen sowie zwei Nullen gilt den Wochentagen.
Indikationen der Ressence Typ 3
Der „Motor“ besitzt für Benoit Mintiens allein die Funktion, die Zeit in kleine Abschnitte zu teilen und das Display anzusteuern. Deshalb verwendet er ein zuverlässiges und leidlich starkes SW200 von Sellita, das weitestgehend baugleich ist mit dem bewährten Eta 2824-A2. Die Zeitanzeige dieses Automatikwerks strippt der externe, in Le Locle beheimatete Produzent dieser Uhr bis auf die Minutenradwelle. Deren Drehungen werden mit Hilfe winziger Magnetfelder auf das Anzeigemodul übertragen. Eine weitere Verbindung besteht nicht. Die Kuppel lässt sich also mit wenigen Handgriffen als Ganzes entfernen. Dass Benoit Mintiens auf seine reichlich komplexe Kreation ein Patent hält, mag sich von selbst verstehen. Insgesamt besteht der Top-Typ 3 aus 407 Komponenten. Allein für das ins Auge stechende Display sind 28 Triebe und 57 funktionale Steine erforderlich.
Die bestechende Ablesbarkeit des konvexen, DLC-beschichteten und weitgehend aus Titan-Komponenten gefertigten Filetstücks resultiert aus der Tatsache, dass es mit einer öligen Flüssigkeit (Naphtha) gefüllt ist. Der bessern Ablesbarkeit wegen besitzen die Anzeigen eine SuperLuminova-Ausstattung.
Zur inneren Funktion an dieser Stelle nur so viel: Der Erfinder verwendet, wie er mir in Basel erklärte, für sein ausgeklügeltes bombiertes Display-Modul ein stoßgesichertes kardanisches System. Damit Temperaturschwankungen die Eindrücke nicht stören und die aufwändige Mechanik nicht zerstören, gibt es im hermetisch verschlossenen Dom mit entspiegeltem Saphirglas vorne und hinten einer Titan-Membran ein thermostatisches Ventil-Regelsystem für die eingefüllte Flüssigkeit. Nicht minder intelligent präsentiert sich die Mechanik zum –wenn nötig- manuellen Aufziehen des Uhrwerks sowie zum Einstellen von Zeit und Datum. Eine Krone sucht Mann bei dieser außergewöhnlichen Armbanduhr vergebens. Deren Job übernimmt der ebenfalls stark gewölbte Saphirglasboden. Welche von den verschiedenen Funktionen gerade aktiv ist, geht aus verschiedenen Markierungen hervor.
Das Ausschalten des Stellmechanismus ist dank eines Schwerkraftgetriebes ganz einfach. Umdrehen der Uhr genügt.
Der puristisch und minimalistisch anmutende Zeit-Anzeiger vom Typ Ressence 3 ist logischer Weise nicht ganz billig. Nachdem Benoit Mintiens die Produktion mit Hilfe eines erfahrenen Partners nun endgültig im Griff hat, musste er den Preis von den 2013 veranschlagten 23.000 Euro auf nunmehr 33.800 Euro anheben.
Für die Hälfte gibt es den deutlich einfacheren, aber ebenfalls beeindruckenden Typ 1.
Die Planungen für das Jahr 2014 stehen inzwischen. Wenn alles gut geht, möchte Ressence im laufenden Jahr rund 250 Uhren auf den Markt bringen.