Kürzlich noch glaubten viele Etablisseure, also Uhrenmarken, die keine eigenen mechanischen Werke fabrizieren und ihre Erzeugnisse stattdessen mit weiterhin ausgesprochen kostengünstigen Kalibern der Swatch Group Tochter Eta ausstatten, noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Am 13. Juli hatte ich an dieser Stelle berichtet, dass die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) seinem eigenen Sekretariat in den Rücken gefallen sei. Der einvernehmlich geschlossene Vertrag mit der Swatch Group hinsichtlich der vollständigen Befreiung von den Lieferverpflichtungen für mechanische Uhrwerke an Dritte ab 2021 sowie der Assortiments ab 2025 sei nämlich in der vorliegenden Form nicht genehmigungsfähig. Daneben stand in der Presseaussendung aber auch zu lesen, dass es an der stufenweisen Lieferreduktion mechanischer Uhrwerke wegen inzwischen zumindest partiell existierender alternativer Bezugsquellen grundsätzlich nichts auszusetzen gebe. Vorausgesetzt, es erfolge eine Gleichbehandlung aller Kunden. Nicht statthaft sei auch ein 30-prozentiger Abschlag bei Drittfirmen mit eigener Werkproduktion.
Dieses Hin und Her belastet die eidgenössische Uhrenindustrie nun schon seit 2002. Die Swatch Group fühlt sich durch die Auferlegung von Lieferverpflichtungen wegen ihrer vermeintlichen Monopol-Position ungerechtfertigt unter Druck gesetzt und letztlich sogar ausgenutzt.
Am 25. Oktober 2013 fiel nun die definitive Entscheidung der Weko, dass die extrem breit aufgestellte Bieler Gruppe ihre Werkelieferungen an Dritte bis zum Jahr 2020 schrittweise auf Null zurückfahren darf.
Kaliber Eta 2896
Allein bei den Komponenten, darunter hauptsächlich den unverzichtbaren Assortiments (Unruh, Unruhspirale, Hemmungsbauteile) vertrat die Weko die Auffassung, dass derartige Schritte den Markt mangels Alternativen zu Nivarox-FAR unverhältnismäßig stark treffen werde, werde.
Die Swatch Group betrachtete dieses Agreement als ersten vorsichtig positiven Schritt in die Richtung, dass die Wettbewerber mehr Verantwortung für eigene Werke und Komponenten tragen und selbst auch Risiko übernehmen müssten. „Das ist kein Luxus sondern eine Notwendigkeit für die weitere Zukunft der Schweizer Uhrenindustrie.“
Ab 2014 kann die Swatch Group ihre Werkelieferungen auf den Durchschnittswert der zwischen 2009 bis 2011 bezogenen Quantitäten Zurückfahren. 2016 sinkt der Wert auf 65 und 2018 auf 55 Prozent. Eine selektive Unterscheidung zwischen verschiedenen Kunden ist nicht statthaft. Alle sind gleich zu behandeln.
Damit sollte die Industrie leben können, denn dieser Schritt war in letzter Konsequenz überfällig. Seit den 1980-er Marken lebten und überlebten viele Marken letztlich sehr komfortabel von dem, was die erst SMH dann Swatch Group entwickelte und fertigte. Die Eta-Kaliber waren und sind deutlich preisgünstiger als das, was in eigener Manufaktur entstehen kann. Ganz abgesehen von den technischen und wirtschaftlichen Risiken, welche der Aufbau einer eigenen Werkefertigung birgt. Gemessen am Preis bieten mechanische Eta-Kaliber bei hoher Zuverlässigkeit und Präzision unglaublich viel.
Fortan muss sich zeigen, ob Sellita, Soprod & Co. diese zwangsläufig entstehende Lücke nachhaltige füllen können.
Soprod A-10
Sellita-Kaliber SW 200 und 300
Viele der kleinen Marken, welche mit ihren Produkten preisgünstige oder exotische Farbtupfer in der Szene bieten, werden sich eigene Kaliber definitiv nicht leisten können. Sie können bei den Rohwerken nach Fernost ausweichen, was ein Swiss Made auf dem Zifferblatt jedoch erschwert oder gar unmöglich macht. In diesem Sinne grüße ich aus Hongkong, wo mich die Infos im Laufe des heutigen Tages erreichten.