Nach einer fehlgeschlagenen Kooperation mit der Swatch Group meldet sich Tiffany & Co. zurück mit eigenen chronometrischen Kreationen namens CT60. Sie erinnern an Charles Lewis Tiffany, den legendären Firmengründer und Erfinder der New Yorker Minute.

Charles Lewis Tiffany
Als der Amerikaner 1837 und sein Freund John P. Young 1837 in New York einen Laden für Schreibwaren und Geschenkartikel eröffnen wollten, mussten sie sich von Tiffanys Vater 1.000 Dollar leihen. Am ersten Tag setzten sie am Lower Broadway gerade einmal 4.98 Dollar um.
Danach ging es jedoch steil aufwärts. Trotz massiver Finanzkrise konnte der 25-Jährige Geschäftsmann mit französischen Accessoires und Raritäten, bronzenen Kuriositäten aus Indien und chinesischem Porzellan bei seinen Kunden punkten. Die Ware kaufte er zum Teil von Schiffskapitänen in den Häfen von New York und Boston. Die kontinuierliche Ausweitung des Sortiments um Silberwaren, Schmuck und Uhren ließ das Geschäft kontinuierlich wachsen. Norbert Antoine de Patek lieferte konnte Tiffany ab 1845 zu seinen Kunden. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Tiffany sogar zu einem der wichtigsten Abnehmer in der Neuen Welt. 1861 installierten Tiffany in Genf ein eigenes Büro, 1872 sogar eine eigene Uhrenproduktion.

Tiffany & Co in Genf, Place Cornavin
Vier Jahre später wurde dieses Unternehmen jedoch wieder aufgegeben. Fortan stammten die in New York verkauften Taschenuhren primär von Patek Philippe.

Tiffany & Co. Taschenuhr von Patek & Co.
Nach der Jahrhundertwende listete Tiffany auch chronometrische Erzeugnisse anderer eidgenössischer Fabrikanten, darunter beispielsweise Audemars Piguet. Zur Umgehung der massiven amerikanischen Importzölle für komplette Uhren entstanden die Gehäuse erst in den USA.
„Gutes Design ist ein gutes Geschäft“, pflegte Charles Lewis Tiffany gelegentlich zu sagen. Dieser Satz beeinflusste auch 1858 sein Denken und Handeln, als er etwa 32 Kilometer des transatlantischen Telefonkabels kaufte. Aus vier Zoll langen Kabelabschnitten entstanden in Messing gefasste Erinnerungsstücke sowie Briefbeschwerer, Spazierstöcke und Schirmgriffe. An dem ersten Verkaufstag musste Tiffany die Polizei zur Kontrolle der massenweile herbeigeeilten Interessenten rufen. Alle wollten ein Stück bewegender Kommunikationsgeschichte kaufen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Tiffany & Co. als der weltweit bedeutendste Juwelier Welt. Als Charles Lewis Tiffany 1902 im Alter von 90 Jahren starb, schlossen Geschäfte zu seinen Ehren und „The Financial Record“ pries den Hingeschiedenen als eine der „bedeutendsten Personen des öffentlichen Lebens und bemerkenswertesten Persönlichkeiten seiner Zeit“. Seinen Erben hinterließ der Selfmademan ein sagenhaftes Vermögen von 35 Millionen Dollar.

Anhänge- und Taschenuhren von Tiffany & Co.
1940 verlegte Tiffany sein Firmensitz in ein markanten Gebäude Cross & Cross, 5th Avenue, Ecke 57. Straße.
Spätestens durch das berühmte „Frühstück bei Tiffany" bekamen ab 1961 auch weniger betuchte Menschen ein wenig vom Flair des Hauses an New Yorks legendärer Fifth Avenue zu spüren.
1984 gelangte Tiffany & Co. unter das Dach der Investcorp, die das Unternehmen drei Jahre später sukzessive an die Börse brachte. Weltweit beschäftigt Tiffany & Co. heute rund 12.000 Mitarbeiter.
Der Jahresumsatz kletterte seit 2010 kontinuierlich von 2,709 auf aktuell 4,249 Milliarden US-Dollar.
Einige Meilensteine in der Firmengeschichte
1853
installierte Charles Lewis Tiffany über dem Eingang seines Geschäfts eine der ersten öffentlichen Uhren New Yorks. Der Zeitmesser symbolisierte das rastlose Leben in der Metropole und initiierte die berühmte New Yorker Minute.
1854:
Tiffany geht eine Partnerschaft mit Patek, Philippe & Co. In Genf ein. Eröffnung eines Ateliers in Genf.
1868:
Tiffany stellt den Tiffany Timer vor, die erste amerikanische Taschenuhr mit Chronograph.

Der Tiffany Timer, ein Chronograph Rattrapante mit Seconde Foudroyante (”blitzende Sekunde”)
1874
eröffnet Tiffany eine Fabrik an der Genfer Place Cornavin.
1945:
U.S. Präsident Franklin Delano Roosevelt erhält zum Geburtstag eine Tiffany Armbanduhr, welche er während der berühmten Jalta-Konferenz trägt.


Tiffany Armbanduhr für Franklin Delano Roosevelt, hergestellt vermutlich von Movado
1974
stellt Tiffany eine ultraflache Skelettuhr, die man selbst als flachste Skelettuhr der Welt titulierte.

1983:
Das Design der neuen Atlas Armbanduhr ist von der New Yorker Atlas Fassadenuhr inspiriert.


Tiffany Atlas Fassaden- (oben) und Armbanduhr (unten)
1993
lanciert Tiffany unter der Ägide des damaligen Vizepräsidenten John Loring die von ihm selbst gestaltete stromlinienförmige “Streamerica“, welche an das amerikanische Industriedesign der 1930-er Jahre erinnert.

Tiffany Streamerica hier mit Zeitzonen-Dispositiv, welches damals beispielsweise auch Ebel und Tabbah offerierten
2007
unterzeichneten Michael J. Kowalski, CEO von Tiffany & Co., und Nicolas G. Hayek den Vertrag für eine strategische Uhren-Allianz.
2011
scheitert dieser Vertrag.
Am 22. Dezember 2013
verurteilt das holländische Schiedsgericht NAI (Netherlands Arbitration Institute) Tiffany & Co. Zur Zahlung von 402 Millionen Schweizerfranken Schadenersatz an die Swatch Group wegen entgangener Gewinne.
4. März 2015:
Das erstinstanzliche ordentliche Gericht in Amsterdam hebt den Schiedsspruch vom 21.12.2013 aus formalen Gründen auf. Der Casus geht in die nächste Instanz, also zum Supreme Court of The Netherlands.
April 2015:
Lancement der neuen CT60-Kollektion.

Kollektion CT60 von Tiffany
In der Münchner Tiffany Boutique hatte ich Gelegenheit mit Nicola Andreatta, Jahrgang 1973, dem Geschäftsführer der Tiffany Switzerland Watch Company SAGL über seine Philosophie und die Neupositionierung der Uhrenmarke zu sprechen.

Nicola Andreatta
Bis 2013 agierten Sie als Präsident und CEO ihrer eigenen Uhrenfirma, der N.O.A. Watches. War es da nicht ein Abstieg, sich als angestellter Manager bei Tiffany & Co. zu verdingen.
(Lacht) kein bisschen. Das was ich jetzt bei meinem neuen Arbeitgeber mache, bewegt sich auf gleichem unternehmerischem Level. Genau genommen habe ich die die neuen uhrmacherischen Aktivitäten von Tiffany in eigener Verantwortung aus dem Boden gestampft. Insofern fühle ich mich weiterhin als Unternehmer. Aber mit einem Großkonzern im Rücken gestaltet sich vieles einfacher und leichter, als wenn man in kleinem Rahmen Uhren gestaltet, fertigt und vertreibt.
Sie sind studierter Betriebswirt. Wie kommt man da zu Uhren?
Ich bin in Como geboren und einer italienischen Uhrmacherfamilie aufgewachsen. Deshalb ist mir dieses Metier in Fleisch und Blut übergegangen. Uhren sind meine Passion und mein Leben. Diese Leidenschaft kann ich jetzt voll und ganz auf Tiffany verwenden.
Wie haben Sie sich Tittany und seiner Uhren-Philosophie angenähert?
Nachdem ich 2013 bei Tiffany angefangen hatte, musste ich mich natürlich erst einmal mit der DNA des Traditionsunternehmens beschäftigen.

Blick ins Uhren-Archiv von Tiffany & Co.
Im Archiv entdeckte ich ein sehr reichhaltiges uhrmacherisches Erbe, auf dem unsere neue Uhrenfirma in Chiasso, Tessin, trefflich bauen kann. Anschließend beschäftigten wir uns mit dem Comeback eigener Uhren unabhängig von der Swatch Group und dem Launch einer ersten Kollektion. Die neue Linie CT60 erinnert an die New Yorker Minute des Firmengründers, reflektiert unsere reiches aber zwischenzeitlich ein wenig verloren gegangenes Erbe auf der Uhrmacherei.

Tiffany CT60 Kollektion
Wohin soll die Reise gehen?
Wir wollen und müssen die uhrmacherische Glaubwürdigkeit von Tiffany neu beleben, auch vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen in Genf einmal eine Uhrenfabrik unterhielt. Zu diesem Zweck haben wir uns im Tessin der Dienste ausgewiesener Spezialisten auf allen nötigen Gebieten versichert. Wir arbeiten außerdem mit anerkannten Zulieferern zusammen.
Neben Gehäusen, Zifferblättern und Zeigern braucht auch Tiffany Uhrwerke. Woher kommen die?
Aus meiner zehnjährigen Tätigkeit als eigener Unternehmer kenne ich natürlich viele Zulieferer. Bei den Uhrwerken ist die Tür in Richtung Swatch Group derzeit natürlich zu. Aber zum Glück gibt es ja Alternativen in der Schweiz. Gemeint sind beispielsweise Sellita und La Joux-Perret in La Chaux-de-Fonds.

Automatikkaliber Sellita SW300 in der rotgoldenen CT60 Automatik

Das Basiskaliber des DT60 Chronographen heißt bei Sellita SW500. Tiffany kooperiert für dieses Werk auch mit La Joux-Perret
Sie beschäftigen sich bei Tiffany & Co. mit der Zeit. Wie sieht es mit der zeitlichen Perspektive bei den neuen, eigenständigen Uhrenaktivitäten in Chiasso aus?
Uhrmacherei ist für Tiffany & Co. traditionsgemäß ein strategisches Anliegen. Insofern sehen wir die neuen Aktivitäten mit der Fabrikationsstätte im Tessin auch unter dem Aspekt der Langfristigkeit. Von heute auf morgen können wir verlorenes Terrain natürlich nicht zurück gewinnen. Deshalb müssen wir in einer Zeitspanne von fünf bis zehn Jahren denken.
Wie wollen Sie die neuen Uhren an die Kunden bringen?
Bei der Distribution unserer Uhren können wir von einem Glücksfall sprechen. Tiffany unterhält weltweit rund 300 eigene Boutiquen. Über die erreichen wir die angepeilte Zielgruppe.

Die neue Tiffany & Co. Fiiliale in Genf
Welche da wäre?
Es sind Männer im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Männer mit einem Faible für den american way of life, für klassisches Design und für eine Marke mit sehr renommiertem Namen. Und das alles zu einem vernünftigen Verhältnis zwischen Preis und dem dafür Gebotenen.


Die neuen CT-60 Automatikchronographen von Tiffany & Co., Durchmesser 42 Millimeter, Kaliber Sellita SW500 modifiziert von La Joux-Perret, Preisspanne von 7.050 Euro (Stahl) bis 15.600 Euro (Rotgold), Wasserdicht bis zehn bar. Das stählerne Gliederband (siehe weiter oben) schlägt mit zusätzlich 500 Euro zu Buche.


Tiffany & Co. CT60 Automatik mit 40 mm Gehäusedurchmesser, Automatikkaliber Sellita SW 300, Preisspanne von 4.900 Euro (Stahl) bis 12.500 Euro (Rotgold), wasserdicht bis zehn bar

Tiffany CT60, 43 mm, Selitta SW300


Tiffany & Co. CT60, Automatik, Rotgold, 34 mm, 60 Diamanten, Lederband mit goldener Faltschließe, 16.100 Euro

Tiffany & Co. CT60 Day Date, Reminiszenz an den Firmengründer, Rotgold, erinnert an die Roosevelt-Uhr, Basis Sellita SW 300, limitiert auf 60 Stück, 19.500 Euro

Tiffany & CT60 “East-West”, Edelstahl, Quarzwerk