Auf Chronographen versteht sich Alpina seit mehr als einhundert Jahren. Im Inneren der Gehäuse tickten und ticken, wie bei den meisten Mitbewerbern auch, nur zugekaufte Werke.


Alpina Chronograph aus den 1940-er Jahren mit Handaufzugskaliber von Valjoux
Die Baselworld 2015 bringt bei dem Mitglied der Frédérique-Constant-Gruppe eine bemerkenswerte Zeitenwende in Gestalt des neuen Manufakturkalibers AL-760, welches ich schon Ende Februar in Augenschein nehmen aber in meinem Blog noch nicht vorstellen durfte.

Pim Koeslag, Uhrmacher und Chef-Entwickler der Frédérique Constant Gruppe und damit auch Alpina
Seit den Ersten Ideen, entwickelt und danach umgesetzt von Pim Koeslag, bis zur Serienreife sind inzwischen gut drei Jahre vergangen. Der Chefkonstrukteur hat sich beim neuen Kaliber ganz bewusst für die modulare Bauweise entschieden, weil dadurch die Verwendung des bewährten Rotor-Kalibers AL-710 mit 38 Stunden Gangautonomie, vier Hertz Unruhfrequenz, Zentralsekunde und Zeigerdatum bei der „6“ möglich wurde.
Für die vorderseitig montierte Chronographen-Kadratur benötigen die Uhrmacher gerade einmal 95 Komponenten. Bei der Entwicklung des Mechanismus hat sich das Team konsequent nach dem Motto gehandelt, dass nicht Vorhandenes auch nicht kaputt gehen kann. Von gründlicher Reflexion der funktionalen Zusammenhänge zeugte bei der Vorstellung schon die erste Betätigung des Bedienelement oberhalb der Krone. Zur Vermeidung von Fehlbedienungen ist der Druckpunkt bis zum Starten deutlich spürbar. Ungeachtet dessen vollzieht sich der Schaltvorgang anschließend sehr geschmeidig. Gleiches gilt natürlich auch fürs spätere Anhalten und Nullstellen des Chronographen.


Blick unters Zifferblatt auf die nicht komplett montierte Kadratur des AL-760
Ein Schaltrad konventioneller Bauweise sucht man in der Mechanik vergebens. Pim Koeslag hat ein sternförmiges Gebilde ersonnen, welches die Kommandos auf dem Weg über einen Schalthebel vom Start-/Stopp-Drücker erhält.
Die Kupplung verbindet bekanntlich das Uhrwerk mit dem Getriebe, also der Kadratur. Auch hier ist Pim Koeslag beim AL-760 unkonventionell vorgegangen. Indiz für seine uhrmacherische Kreativität ist ein neuartiges schwenkbares Bauteil mit zwei Zahntrieben. Selbige verbinden auf Knopfdruck die beiden „Stockwerke“ miteinander. Im unteren Uhrwerk nimmt es die Drehungen der Zentralsekunde auf. Oben werden die Rotationen an den Stopper weitergereicht. Über ein Zwischenrad treibt die Zentralsekunde auch die Permanentsekunde bei der „9“ an. Der bis 30 reichende Minuten-Totalisator zählt die Umläufe des Chronographenzeigers.
Konstruktionsbeding sind durch wiederholtes Betätigen des Start-Stopp-Drückers Additionsstoppungen möglich. Das Nullstellen besorgt der Drücker bei der „4“. Als Spezialist für Fliegeruhren hat Alpina dem Kaliber AL-760 auch noch eine Flyback-Funktion spendiert. Mit ihrer Hilfe kann Stopper mit nur einem Knopfdruck aus dem Lauf heraus neu gestartet werden. In diesem Fall kommen besagtem Drücker sowie der von ihm beeinflussten Mechanik gleich drei unmittelbar aufeinander folgende Aufgaben zu: Auskuppeln, Nullstellen mittels einteiligem Herzhebel und beim Loslassen des Drückers sofortiges Einkuppeln. Das komplexe Bewegungsschema vollzieht sich beim AL-760 unmittelbar auf direkter Linie vom Drücker hin zum Kupplungshebel.
Schließlich vermeidet das Zeigerdatum bei der „6“ den unschönen Schacht, durch den man bei modularen Chronographen üblicher Bauart auf die vorne am Basiswerk drehende Datumsscheibe blickt.



Der neue “Alpiner 4 Chronograph Flyback“ von Alpina
Analog zur „Alpina 4“ Sportuhr von 1938 ist der neue „Alpiner 4 Chronograph Flyback“ antimagnetisch, stoßgesichert, stählern und wasserdicht. Das Edelstahlgehäuse mit ergonomisch geformten Chronographendrückern, verschraubter Aufzugs- und Zeigerstellkrone sowie kratzfestem Saphirglas misst 45 Millimeter. Dem Druck des nassen Elements widersteht es bis zu zehn bar. Der verschraubte Boden trägt das bekannte Alpina-Logo. Beim Betrachten der rechten Seite des Gehäuses ist mir schließlich noch aufgefallen, dass Krone und Drücker trotz modularer Konstruktion des Automatikkalibers AL-760 auf einer geraden Linie
Der Preis wird um die 4000 Euro liegen.