Für die brandneue, sehr nostalgisch anmutende Referenz 5224 von Patek Philippe gibt es im Museum oder den alten Unterlagen definitiv kein exakt gleiches Vorbild. Von einer Retro-Armbanduhr würde ich hier also nicht sprechen wollen.
Gleichwohl habe ich in meinen Archiven gestöbert. Dort bin ich auch tatsächlich fündig geworden. 1995 hat mir Alain Banbery, der damalige Museumskurator ein Fax zu einer Stundenwinkel-Armbanduhr von Patek Philippe. Verkauft wurde sie am 28.09.1936 für 360 Schweizerfranken.


Stundenwinkel/Arambanduhr von Patek Philippe aus dem Jahr 1938
Fakten zu diesem opulenten Piloten-Oeuvre:
Gehäuse Nr. 613411
Durchmesser 56 Millimeter
Gehäusematerial Nickel verchromt
Uhrwerk Nr. 170383: 19 Linien, Ebauche LeCoultre, Typ Savonnette, Qualität extra
Mechanismus von Victorin Piguet
Anzeigen:
Die Zentralsekunde dreht einmal in vier Minuten
Währenddessen bewegt sich der Minutenzeiger um einen Grad weiter, er dreht also in vier Stunden einmal um seine Achse.
Während der vier Stunden, in denen sich der Minutenzeiger einmal im Kreis dreht, bewegt sich der Stundenzeiger um 60 Grad vorwärts.
Für eine komplette Rotation benötigt der Stundenzeiger ergo 24 Stunden.
Vom Zifferblatt können Piloten also beispielsweise den Greenwicher Stundenwinkel der mittleren Sonne auf einen Bogengrad genau ablesen. Zuvor muss die Uhr jedoch pünktlich um 0 Uhr GMT auf nulle gestellt worden sein.
Bei der astronomischen Navigation bot dieser Art der Indikation beträchtliche Vorteile, denn sie machte das bei einer normalen Uhr nötige Umrechnen vom Zeit- ins Gradmaß entbehrlich.

Dazu ein Zitat aus dem Jahr 1938: „Die rasch fortschreitende Technik und die Geschwindigkeiten der Flugzeuge, die heute schon ein Vielfaches der Schnelligkeit der Seeschiffe betragen, veranlaßte den Flugzeugnavigator, die Berechnung für die Ortsbestimmung möglichst abzukürzen.“ Die korrekte Navigation verlangte nach einer Höhenmessung, der Bestimmung des Stundenwinkels und einer Höhenberechnung. Ergo entstanden für Navigatoren reine Graduhren wie beispielsweise diese von Patek Philippe. Das abgebildete Exemplar war übrigens am 27.05.1991 in Hongkong bei Habsburg unter den Hammer gelangt. Der Schätzpreis hatte bei 125.000 bis 150.000 Hongkong-Dollar gelegen Zugeschlagen wurde für mehr als das Doppelte, nämlich für 340.000 Hongkong-Dollar, was damals ungefähr 70.000 Schweizerfranken entsprach.
Für Normlasterbliche, die heute innerhalb weniger Stunden von einem Kontinent zum anderen jetten, wäre diese Art von Uhr völlig untauglich. Deshalb hat Patek Philippe nur die Idee zu einer Piloten-Armbanduhr aufgegriffen und daraus die „Calatrava Pilot Travel Time“ mit Weißgoldgehäuse abgeleitet.

Die neue Calatrava Pilot Travel Time von Patek Philippe
Mit diesem extrem markanten Zeitmesser unterstreicht Präsident Thierry Stern die Philosophie, künftig vermehrt auch eine jüngere Klientel anzusprechen.

Patek Philippe Präsident Thierry Stern
Das dürfte wahrscheinlich noch besser gelingen, wenn das Familienunternehmen irgendwann auch eine stählerne Version anbietet. Im Augenblick gibt es nur besagte Edel-Schale, welche das aus 294 Komponenten bestehende Automatikkaliber CH 324 S C FUS bis zu drei bar Druck schützt.
Das Uhrwerk entstammt selbstverständlich eigener Manufaktur und besitzt einen einseitig wirkenden Goldrotor. Magnetismus kann der „Silinvar“-Unruhspirale nichts anhaben, denn sie ist absolut amagnetisch.
Im Gegensatz zur einstigen Stundenwinkel-Armbanduhr verfügt die neue Referenz 5224 über das hilfreiche Zeitzonen-Dispositiv, dessen schrittweise Genese im Jahr 1958 mit der Ref. 2597 HS (ein verstellbarer Stundenzeiger) begann und 1961 in die deutlich universellere Ausführung mit zwei Stundenzeigern mündete.

Die Referenz 2597 HS mit einem (links) und zwei Stundenzeigern (rechts)
Seine Merkmale:
- Stundenzeiger für die Referenzzeit, gepaart mit einer Tag-/Nacht-Indikation bei der „3“
- Individuell verstellbarer zweiter Stundenzeiger für die jeweilige Ortszeit. Zu ihm gehört die Tag-/Nacht-Anzeige bei der „9“

Die beiden Tag-/Nacht-Anzeigen der Referenz 5224
- Drücker im Gehäuserand zum Verstellen des unabhängigen Stundenzeigers, und zwar vorwärts bei der „8“ und rückwärts bei „10“

Drücker zum raschen Einstellen der jeweiligen Ortszeit
Mit von der Partie ist ferner ein Zeigerdatum, das sich mit Hilfe eines versenkten Korrektors justieren lässt.

Das Zeigerdatum der Referenz 5224
Zum Uhrwerk noch so viel:
- Automatikkaliber CH 324 S C FUS
- Goldrotor 21 Karat, einseitig aufziehend
- Durchmesser 31 mm (Basis 27 mm)
- Bauhöhe 4,9 mm (Basis 3,32 mm)
- 294 Komponenten
- Gangautonomie 35 bis 45 Stunden
- Gyromax-Unruh
- Siliziumspirale
- Unruhfrequenz vier Hertz

Das Automatikkaliber 324, hier noch mit den Poincon de Genève. Inzwischen trägt es das eigene Patek Philippe Siegel
Der Preis: ca 40.000 Euro