Hallo zusammen und viele Grüße aus Genf, wo heute der Salon International de la Haute Horlogerie 2015 seine Türen geöffnet hat. Sehr gut erinnere ich mich zurück ans Jahr 1991, als diese Veranstaltung ganz bescheiden mit fünf Marken, darunter Cartier, Piaget und Baume & Mercier erstmals über die Bühne ging. Sehr zum Leidwesen der Basler Uhrenmesse, die damals ihre Felle davon schwimmen sah. Aber Alain-Dominique Perrin, der damals dem Haus Cartier vorstand, hielt unbeirrbar fest an seinem Konzept, Luxus einen würdigen Rahmen zu bieten und nicht um jedes Hotelzimmer kämpfen zu müssen. Heuer erlebe ich also meinen 25. SIHH, geprägt von Wachstum und neuen Marken, an die in den frühen 1990-er Jahren noch niemand zu denken wagte. Panerai stand nach dem Ende des Kalten Kriegs am Abgrund. Parmigiani, Richard Mille, Roger Dubuis waren noch gar nicht geboren. A. Lange & Söhne beschäftigte sich mit der ersten Kollektion. IWC und Jaeger-LeCoultre zeigten ihre Produkte in Basel. Und bei Montblanc dachte noch niemand an das Thema Zeitmessung.
Apropos Montblanc: Für mich beginnt seit vielen Jahren der SIHH mit Jérôme Lambert, der nach seiner Station bei Jaeger-LeCoultre nun bekanntlich Montblanc leitet. Die diesjährigen Highlights habe ich schon vor etlichen Wochen sehen und am Handgelenk erleben können. Nur schreiben durfte ich darüber nicht. Die neue Kollektion zeigt mehr als deutlich, wohin bei Montblanc die Reise mit Jérôme geht. Nach dem Motto „viel Uhr fürs Geld“ debütiert die neue Linie „Heritage Chronométrie Collection“, angesiedelt unter den mechanischen High-End-Modellen aus der ehemaligen Minerva-Manufaktur in Villeret. Ein merklich höherer Grad an Industrialisierung und größere Stückzahlen gestatten eine sehr bemerkenswerte Preispolitik. Eigenständige Mechanik findet sich in allen Modellen, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung.
Im Neuigkeitenspektrum ganz ober rangiert der innovative Montblanc „Heritage Chronométrie ExoTourbillon Minute Chronograph“. Sein Highlight besteht, wie der Name schon andeutet, in der 2010 vorgestellten und natürlich auch patentierten Drehgang-Konstruktion, bei der die Unruh außerhalb des eigentlichen Käfigs mit drei Hertz oszilliert und deshalb merklich größer ausfallen kann. Über diese Komplikation habe ich an dieser Stelle schon mehrfach berichtet. Die 9,7 mm große Schraubenunruh mit einem Trägheitsmoment von 12 mg/cm2 findet sich ganz vorne unter einer schlanken Edelstahl-Brücke. Mit dem Drehgestell, in dem Montblanc wie üblich die Hemmung montiert, ist sie allein per Unruhspirale verbunden.
Natürlich ist das Ganze technisch und handwerklich auf etwas einfacherem Niveau ausgeführt, denn nur so kann Montblanc den Automatik-Chronographen nach dem System „Rieussec“ samt unübersehbarem ExoTourbillon und 44 Millimeter großen Rotgoldgehäuse für lediglich 38.000 Euro offerieren. Meines Wissens nach hat es so etwas aus europäischer Konstruktion noch niemals gegeben. Ob Montblanc den Kampfpreis angesichts der momentanen Wechselkursproblematik am Ende tatsächlich dauerhaft halten kann, muss sich freilich noch zeigen. Der Richemont-Konzern wird zu dieser Thematik am Dienstag ein offizielles Statement abgeben.
Im Vergleich mit klassischen Tourbillon-Konstruktionen, bei denen sich die Unruh innerhalb des Käfigs bewegt, fällt die energetische Bilanz positiv aus. Diese Konstruktion benötigt ungefähr 30 Prozent weniger Kraft. Eine weitere Besonderheit besteht im klassischen Unruhstopp zum sekundengenauen Einstellen der Uhrzeit.
Als Sekundenzeiger dient Montblanc eine rote Pfeilmarkierung am Käfig.
Beim Uhrwerk selbst handelt es sich um das Manufakturkaliber MB R230.
Das R weist, wie schon gesagt, auf die „Rieussec“-Kaliberlinie hin. Zu den Kennzeichen gehören neben dem Rotoraufzug, zwei Federhäusern, 50 Stunden Gangautonomie, Schaltradsteuerung für den Stoppmechanismus, 30-Minuten-Zeigertotalisator auch die bekannte Monopusher-Ausführung. Das 33,7 mm große und 8,65 mm hohe Oeuvre besteht aus 296 Komponenten, darunter 44 funktionale Steine.
Zum Leistungsspektrum gehören ferner ein Zeigerdatum und -sehr hilfreich bei Fernreisen- ein unabhängig verstellbarer Stundenzeiger.
Im Gegensatz zu den anderen Modellen der neuen „Heritage Chronométrie Collection“ besitzt das Gehäuse dieser Armbanduhr einen konkaven Glasrand. Das Lederband fertigt die Montblanc Pelletteria im italienischen Florenz.
Factsheet
Montblanc „Heritage Chronométrie ExoToubillon Minute Chronograph“
Uhrwerk:
Montblanc Manufacture Calibre MB R230
Selbstaufzug, zwei Federhäuser, patentiertes Minuten-ExoTourbillon mit Unruhstopp,
Ein-Drücker-Chronograph mit Schaltrad, vertikaler Reibungskupplung
Durchmesser 33,7 mm, Höhe = 8,65 mm
296 Bauteile
44 Steine
Gangautonomie ca. 50 Stunden
Schraubenunruh, Durchmesser = 9,7 mm; Trägheitsmoment = 12 mg/cm2
Unruhfrequenz 21.600 Halbschwingungen/Stunde (3 Hz)
Flache Unruhspirale
Gehäuse:
18 K Rotgold (5N), poliertes Gehäuse mit satiniert-poliertem Bereich zwischen den Bandanstößen, konkave Lünette zum Schutz vor Kratzern
Bombiertes und doppelt entspiegeltes Saphirglas
Sichtboden
Durchmesser 44 mm, Höhe 14,79 mm
Wasserdichtigkeit 3 bar
Die ganze Uhr ist zertifiziert durch den hauseigenen Laboratory Test 500, der sich über 500 Stunden erstreckt.
Preis 38.000 Euro