Keine Frage: frühe und vor allem authentische Panerai mit dokumentierter Historie sind ausgesprochen rar.
Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe:
- Wegen der Fertigung ausschließlich für militärische Zwecke hielten sich die Produktionszahlen in sehr engen Grenzen.
- Ein Teil der wenigen Zeitmesser dürfte für immer irgendwo in den Tiefen des Meeres verschollen bleiben.
- Anderen Exemplaren maßen die Eigentümer mangels Kenntnis nicht die richtige Bedeutung zu.
Am Anfang des chronometrischen Geschehens im Hause Panerai stand bekanntlich die “Radiomir” mit kissenförmigem Oyster-Gehäuse und dem 16-linigen Handaufzugskaliber 620 von Rolex. Das Rohwerk bezogen die Genfer mangels Eigenem von Cortébert aus der Jura-Ortschaft Cortébert.
Ur -“Radiomir” von Panerai
Ende der 1920-er Jahre schon hatte Hans Wilsdorf erkannt. Sein Credo: „Die logische Folge der Rolex-Oyster war die Schaffung der automatischen Uhr, deren Werk sich selbsttätig immer wieder von neuem aufzieht und einen ununterbrochenen Gang gewährleistet. Dieses Problem beschäftigte schon die führenden Uhrmacher aller Zeiten. Mit der Kreation der ‚Perpetual’ samt ihrem berühmt gewordenen Rotor wurde es durch Rolex endgültig gelöst. Eine wichtige Voraussetzung für diese Erfindung bildete die wasserdichte Uhr, denn nur in einem vollkommen hermetisch verschlossenen Gehäuse kann die automatische Uhr ungehindert und mit der gewünschten Regelmäßigkeit funktionieren.”
Daraus ergibt sich im Umkehrschluss: Das hermetisch verschlossene Gehäuse verlangte förmlich nach einem Uhrwerk, welches man nicht täglich per Krone aufziehen musste. Auf Dauer beeinträchtigte das regelmäßige Lösen und Festziehen der patentierten Schraubkrone den Grad ihrer Dichtigkeit. Außerdem bekamen nachlässige Oyster-Besitzer, die das Zuschrauben nach dem Aufziehen übersahen, die Konsequenzen durch eindringendes Wasser bitter zu spüren.
Für die opulenten Panerai-Uhren kam das 1931 vorgestellte und in der „Rolex Perpetual“ verbaute Rotorkaliber NA 620 mit kleinem Sekundenzeiger allein schon wegen des geringen Durchmessers von nur 26,4 Millimeter nicht in Betracht. Einen gangbaren Kompromiss bildete die Verwendung des 8-Tage-Lépine-Kalibers 240SF von Angelus in le Locle.
Trotzdem hatte das Radiomir-Gehäuse mit angelöteten Drahtbügeln zur Befestigung des Armbands in den 1940-er Jahren ausgedient. Bei extremen Belastungen konnten die Schlaufen brechen oder gar abreißen. Der nächste Schritt bestand in einem neuen, 47 Millimeter großen Stahlgehäuse mit integrierten hornförmigem Bandanstößen und weiterhin Schraubkrone, Referenz 3646.
Radiomir Panerai Referenz 3646
Eine ähnliche Oyster-Version in kleineren Dimensionen gab es in dieser Epoche auch bei Rolex.
Den signifikantesten Schritt bin die Zukunft brachte die patentierte „Luminor“ Schale. Die Entwicklung eines völlig neuen Dichtsystems hatten die Italiener bereits in besagten 1940-ern angepackt. Bei ihr hielt eine seitlich über der Krone montierte Brücke einen beweglichen Hebel. Er presste das Bedienelement samt Dichtung fest gegen die Schalenflanke. Aufziehen und Zeigerstellen verlangten nach bewusstem Hochklappen. Das dann weit abstehende Teil ließ sich nach der Energiezufuhr beim besten Willen nicht übersehen.
Luminor von Panerai
Luminor Patent 1956
Darüber hinaus gewährleistete diese Vorrichtung einen optimalen Schutz der empfindlichen Krone beispielsweise gegen Stöße. Die Patentierung erfolgte nach erfolgreichen Tests durch die Militärs im Juli 1956.
Von der Ur-„Luminor“, Referenznummer 6152/1, lassen gegenwärtig rund 90 Exemplare nachweisen.
Ein ganz besonderes Exemplar aus dem Nachlass des italienischen Admirals Admiral Gino Birindelli (1911 – 2008) versteigerte Sotheby’s am vergangenen Mittwoch, 14. Mai 2014 in Genf.
Gino Birindelli (1911 - 2008)
Diese Stahl-Armbanduhr, ein Prototyp, zeichnet sich durch eine transparente Plastik-Drehlünette aus. Im Gehäuseinneren tickt das 16-linige, wiederum von Cortébert zugelieferte Handaufzugskaliber 618 in der modernen Version mit „Incabloc“ Stoßsicherung.
Panerai Luminor Referenz 6152/1 aus dem Nachlass des italienischen Admirals Gini Birindelli, Fotos (c) Sotheby’s
Als Schätzpreis hatte das Auktionshaus 180.000 bis 360.000 Schweizerfranken angegeben. Dafür bekam es der unbekannte Käufer nicht. Inklusive Aufgeld blätterte er für diese Rarität 425.000 Schweizerfranken auf den Tisch. Und damit erzielte Sotheby’s einen Preisrekord in Sachen Panerai.