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Channel: Gisbert L. Brunner
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Im Gespräch: Philippe Léopold Metzger, CEO der Uhrenmanufaktur Piager

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Am 19. Dezember 2013 präsentierte mir Philippe Léopold Metzger in Genf mit der brandneuen Altiplano 38 mm 900P die derzeit weltweit flachste mechanische Armbanduhr. Hierüber habe ich in meinem Blog bereits ausführlich berichtet. Bei dieser Gelegenheit konnte ich dem CEO der Uhrenmanufaktur Piaget auch einige Fragen stellen.

 Die Tradition des Hauses Piaget auf dem Gebiet ultraflacher mechanischer Uhrwerke reicht zurück bis ins Jahr 1957. Wie kam es dazu, diese besondere uhrmacherische Herausforderung nach einer gewissen Pause wieder anzunehmen?

 PLM: Es ist richtig, dass wir mit den Kalibern 9P und 12P in den 1950-er Jahren Meilensteine geschaffen haben. Das kam auch gerade recht, denn die Technik bildet eine wichtige Grundlage für das Design. In den 1960-er Jahren fertigten wir Uhren mit dickeren Stein-Zifferblättern. Dank unserer besonderen Werke blieben die Uhren auch damit flach. Diese Kultur setzten wir in den 1970-er Jahren auch bei Zeitmessern mit Quarzwerken fort. Das Thema Manufaktur haben wir auch da nie aufgegeben. Als ich vor nunmehr 14 Jahren als Chef zu Piaget stieß, war die Marke eher bekannt für seine schmückenden Objekte als für hochwertige Manufakturkaliber. Überdies lag der Schwerpunkt bei goldenen Uhren, zu denen sehr flache Kalibern wegen der damit herstellbaren Eleganz besonders gut passen. Solch luxuriöse Uhren verlangten förmlich nach einer stärkeren Fokussierung auf die traditionelle Uhrmacherei und dort auf das, worin wir immer gut waren, nämlich ultraflach. Heute haben wir 35 Kaliber. 20 mit Handaufzug. Viele sind Superlative.

Aber ich muss betonen, dass wir nicht von der Idee besessen sind, Rekorde zu brechen, sondern stets die besonders elegante und angenehm zu tragende Uhr im Auge haben. Dafür strengen wir uns richtig an. Und die Ergebnisse können sich bekanntlich sehen lassen.

 Wer ist die Zielgruppe für ultraflache Uhren?

 PLM: Die Zielgruppe sind ganz eindeutig Menschen, wie wunderbare Mechanik und schöne Uhren lieben. Darunter sind heute sicher mehr und mehr Hedonisten und weniger passionierte Sammler. Ganz generell wächst der Markt für Derartiges. Mir ist es ein Anliegen zu verdeutlichen, dass ultraflache Bauweise klar zum Kreis der uhrmacherischen Komplikationen zählt. Unsere Schlüssel-Zielgruppe sind hier Menschen mit gehobenem Einkommen in der Altersgruppe zwischen 30 und 45 Jahren.

 Kaufen die denn eine Piaget als ihre erste Uhr?

 PLM: Ganz eindeutig und offensichtlich nein. Piaget ist zweifellos teuer. Daher haben die oft schon vier oder fünf andere Uhren. Dann kommt vielleicht eine elegante Piaget hinzu. So finden wir heute in diesen sehr kompetitiven Markt.

 Gibt es spezifische Märkte, wo ultraflache Uhren besser ankommen als anderswo, wo man die Komplexität des Ultraflachen besser begreift? Europa beispielsweise im Vergleich zu China oder Nordamerika?

 PLM: Generell ist das Thema ultraflach sehr komplex. Diese Uhrwerke stellen Uhrmacher traditionsgemäß vor große Herausforderungen. Das ist womöglich der Grund, warum unsere Mitbewerber sich diesem anspruchsvollen Sujet nur langsam nähern. Jetzt aber, wo man merkt, dass das ein auch kommerziell interessantes Thema ist, wächst der Kreis von Mitbewerbern. Bezogen auf Chinesen als potenzielle Kunden muss man konstatieren, dass die Medien dort in den vergangenen Jahren großartige Aufklärungsarbeit geleistet haben. Wer sich für Schweizer Uhren interessiert, und das tun in der gehobenen Bevölkerungsschicht sehr viele, weiß im allgemeinen sehr gut Bescheid über das, was es alles gibt. Darüber hinaus darf man ja auch nicht vergessen, dass Chinesen eine große künstlerische Tradition besitzen. Die kommt uns hier sehr zu gute.

Zur Erinnerung: Piaget Altiplano 38 mm 900P

 Wie kam es zum neuesten Weltrekord in Gestalt der Altiplano mit dem Handaufzugskaliber 900P?

 PLM: Seit 2010 hatten wir mit der 1200P das flachste Automatikwerk und die dünnste Automatikuhr mit exzentrisch angeordneter Schwungmasse. Ferner ist unsere Kompetenz bei Werken und Gehäusen in den zurückliegenden Jahren beständig gewachsen. Und da wollen wir nun zeigen, was gezielte und gedeihliche Kooperation unter einem Dach zustande bringen kann, in diesem Fall also das Nutzen des Gehäusebodens als Platine. Hier gab es echtes Potenzial für einen neuerlichen Weltrekord und dazu für eine Uhr, die technisch und ästhetisch etwas Einmaliges repräsentiert. So gab eine Idee die andere, entstand etwas Wunderbares auf das wir zu Recht stolz sein können. Dieser Zeitmesser verkörpert eine ausgewogene Mischung aus anspruchsvoller mechanischer Uhrmacherei und unserer Fähigkeit, handwerklich perfekt mit Gold umgehen zu können. In jederlei Hinsicht stellte uns diese Altiplano vor große Herausforderungen, die wir, wie ich höre, bestens gemeistert haben.       

 Piaget und das Image bei Männern; wie ist es denn heutzutage darum bestellt?

 PLM: Wie ich schon sagte, war Piaget immer schon stark bei den Schmuckuhren. Aber im Laufe der Jahrzehnte ist unsere uhrmacherische Kompetenz beständig gewachsen. Wir sind echte und sehr gute Uhrmacher. Aber da müssen wir weiterhin hart daran arbeiten, diese Tatsachen ins Bewusstsein des männlichen Geschlechts zu rücken. Wir wollen von unserer Leistungsfähigkeit und mit unserem Leistungsspektrum überzeugen. Das gelingt uns in den letzten Jahren immer besser, aber der Prozess ist langwierig und alles andere als leicht. Da müssen wir sicher noch die eine oder andere Schlacht schlagen.

 Welcher Prozentsatz der nicht-Schmuckuhren von Piaget gehen den an Männer?

 PLM: Das ist schwer zu sagen, denn immer öfter tragen Frauen das, was wir als Herrenuhr definieren, an ihren Handgelenken. Aber grob geschätzt würde ich mal sagen, dass die Relation bei 60 Prozent Damen und 40 Prozent Männern liegt. Bei steigender Tendenz zugunsten des männlichen Geschlechts. Was mich schon mit gewissem Stolz erfüllt ist die Tatsache, dass viele der Kunden, die wir in etablierten Ländern wir Europa und den USA neu gewinnen können, Männer sind. Hier kommt unsere Botschaft offensichtlich immer besser an.

 Gesetzt den Fall, jemand bringt eine alte Armbanduhr mit dem 9P oder dem 12P zu Reparatur. Wird diesem Menschen bei Piaget geholfen.

 PLM: Selbstverständlich. Wir wollen und können jede unserer mechanischen Uhren reparieren. Das ist doch Ehrensache.

 Wie schaut es bei Piaget mit maskulineren Sportuhren aus? Sie haben die Polo, aber die ist ein Mix zwischen sportlich und elegant.

 PLM: Am Ende des Tages kann man als Uhrenmarke nicht alles haben. Man muss sich auf bestimmte Dinge konzentrieren. Riesige markante Armbanduhren wird es bei uns sicher nicht geben, weil wir in unsere Designs stets eine elegante Attitüde einfließen lassen. Das ist unsere Philosophie. Der Markt ist groß; man kann nicht jedermanns Liebling sein. Es ist nicht unsere Absicht, in einen Wettbewerb mit der Royal Oak Offshore von Audemars Piguet oder der Hublot Big Bang zu treten.

 Wird Stahl als Gehäusematerial künftig ein wichtigeres Thema für Piaget sein?

 PLM: Ganz eindeutig nein. Wir hatten ja mal die Upstream mit einem ganzheitlichen Design von Gehäuse und Armband. Die ist Geschichte. Kann sein, dass sie eines Tages ein Sammlerstück wird. Aber derzeit sind unsere Produktionskapazitäten viel zu gering, als dass wir auch noch größere Quantitäten Stahluhren produzieren könnten. Des Tragekomforts wegen gibt es ja die 45 Millimeter große Polo 45 in Titan. Aber generell verknüpft sich der Name Piaget mit Gold.

Piaget Boutique in Schanghai

 Piaget unterhält rund um den Globus mehr als 90 exklusive Markenboutiquen. Und das bei steigender Tendenz. Wie reagieren da die etablierten Konzessionäre?

 PLM:  Gar nicht schlecht. Der traditionell guten Zusammenarbeit tut das keinen Abbruch. Das kann ich aus eigener Erfahrung berichten, denn Piaget gehörte zu den ersten Marken, die eigene Boutiquen, teils mit unseren Konzessionären zusammen eröffnet haben. Damals wurden wir von den Mitbewerbern gescholten. Heute tun das alle. Aber die Zusammenarbeit leidet in unserem Fall mitnichten. Unsere Fachhandelspartner bedeuten mir sehr viel. Es kommt immer auf die richtige Balance an.

 Was tut sich auf dem Gebiet der Internet-Verkäufe? Richemont unterhält ja in Amsterdam ein entsprechendes Distributionszentrum.

 PLM: Das ist grundsätzlich ein interessantes Thema. Aber man muss immer den Verbund mit dem Kontaktzentrum und dem Concierge-Service sehen, an die sich potenzielle Kunden wenden können. Der Auftakt war jedenfalls verheißungsvoll. Aber die Mehrheit der Verkäufe wird auch in Zukunft aus den sattsam bekannten Gründen wegen über die Ladengeschäfte abgewickelt werden, egal ob die von Konzessionären oder unsere eigenen. Hier gibt es kompetente Beratung, kann man die Objekte auch haptisch erfahren und ein Kauferlebnis genießen. Die Bedeutung dessen darf man auch im Internet-Zeitalter nicht unterschätzen.

 

 


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