Persönlich würde ich bei dieser Armbanduhr definitiv nicht von einem Chronographen sprechen, In meinen Augen handelt es sich um einen Zeitmesser mit im gleichen Werk hinzugefügter Stoppuhr. Warum ich das schreibe? Ganz einfach: Die innovative und technisch ausgesprochen aufwändige Breguet „Tradition Chronographe Indépendante 7077“ besitzt zwei völlig getrennte Mechanismen, welche im Grunde genommen miteinander gar nichts zu tun haben, obwohl sie friedlich vereinigt sind im 16-linigen Kaliber 580DR, Durchmesser 36,09 mm, welches Breguet in den vergangenen Jahren ganz neu entwickelt hat.

Breguet Kaliber 580DR, Rückseite
Da ist zum einen der Handaufzugsteil zum Bewahren und Anzeigen der Uhrzeit. Er besitzt nach Vollaufzug eine Gangautonomie von 50 Stunden. Unruh und Silizium-Breguetspirale vollziehen zusammen stündlich 21.600 Halbschwingungen, was einer Frequenz von drei Hertz entspricht. Der im LiGA-Verfahren hergestellte Anker besitzt auf seiner Rückseite eine Silizium-Gabel. Vom zugehörigen Zifferblatt lassen sich die Stunden und Minuten ablesen.

Breguet Tradition Chronographe Indépendante 7077
Meiner Meinung nach weitaus interessanter ist der Teil zum Erfassen von Kurzzeit-Intervallen bis zu maximal 20 Minuten. Beim Kochen von Eiern oder Spaghetti al dente reicht das allemal. Ihm haben die Techniker ein zweites Schwing- und Hemmungssystem mit einer hohen Frequenz von fünf Hertz zugeordnet. Das erlaubt Zeitnahmen auf die Zehntelsekunde genau. Die relativ eng befristete Gangautonomie des Stoppers resultiert aus der Tatsache, dass der Nutzer beim Starten über den zugehörigen Drücker eine kleine Blattfeder vorspannt, deren Speicherkapazität natürlich begrenzt ist. Weil das Drehmoment eines solchen Energiespeichers zudem
rasch nachlässt, der Stoppvorgang andererseits mit einer intendierten Präzision von 0,04 Sekunde während zwanzig Minuten hinweg erfolgen soll, gibt es einen kleinen Regelmechanismus. Rein theoretisch lässt er sich mit dem Kette-Schnecke-Mechanismus in vielen früheren und auch manchen modernen Uhren vergleichen. Er nutzt die physikalischen Hebelgesetze: viel Kraft – kurzer, weniger Kraft – längerer Weg. Auf diese Weise erfolgt die Kraftübertragung (patentiert) von der Blattfeder zum eigentlichen Stopp-Mechanismus mit konventioneller Nullstellung.

Antriebsschema der Breguet Tradition 7077
Was ferner für meine These spricht, dass es sich um eine Stoppuhr handelt, ist das Anhalten der Unruh aus Titan. Die Wahl des leichteren Materials für den Gangregler erfolgte auch aus ästhetischen Gründen. Auf diese Weise sind beide Unruhn gleich groß. Steht der Stopper, hält eine patentierte Arretiervorrichtung das Schwingsystem so, dass es beim Starten innerhalb kürzester Zeit mit der berechneten Frequenz oszilliert. Will heißen: In der Stopp-Position ist die Silizium-Breguetspirale so gespannt, dass sie sich zwangsläufig entladen möchte.
Der Stoppzeiger dreht im Zentrum. Seine Umläufe zählt ein retrograder Minuten-Totalisator bei der „10“ Gegenüber bei der „2“ findet sich eine Gangreserveindikation. Schließlich gibt es bei der „sechs“ auch noch einen Ein-Aus-Indikator für den Stopper. Das Anhalten und Nullstellen des Stoppers erledigt im Gegensatz zu klassischen Stopp-Mechanismen ein Drücker in der linken Gehäuseflanke.

Breguet Tradition 7077
Gehäuse, Durchmesser 44 Millimeter, offeriert Breguet in Weiß- oder Roségold. Die Wasserdichte reicht bis der bar.
Zu haben ist diese Armbanduhr ab Oktober 2015. Die weiße Version kostet 71.900 Euro, die roségoldene 71.200 Euro.
Die Funktion zeigt ein kleines Video, das ich separat online stelle