Visionen muss Mann haben, und die Energie, selbige auch zu realisieren. Auf Ferdinand Adolph trifft das Gesagte in vielerlei Hinsicht zu. Geboren am 18. Februar 1815 in ärmlichen sächsischen Verhältnissen, bewies das Dresdner Gewächs während seiner leider nur 60 Lebensjahre, was Menschen mit Ideen und Durchsetzungskraft so alles bewirken können.

Ferdinand Adolph Lange, geborem am 18. Februar 1815 in Dresden
Der Sohn eines cholerischen und nicht eben zimperlichen Büchsenmachers hatte in jungen Jahren allerlei auszuhalten. Zum Glück gelangte er frühzeitig in die Obhut des späteren Hofuhrmacher Christian Friedrich Gutkaes und dessen Ehefrau.

Christian Friedrich Gutkaes

Antonia Gutkaes
Diese Fügung des Schicksals, eine gediegene Ausbildung zum Uhrmacher, lehrreiche Wanderjahre u.a. durch die Schweiz,

Skizzen- und Wanderbuch des Ferdinand Adolph Lange

eine philanthropische Gesinnung, jede Menge Pioniergeist und erhebliche Risikobereitschaft führten dazu, dass die bettelarme Erzgebirgsgemeinde Glashütte zum Mekka der deutschen Präzisionsuhrmacherei avancieren konnte.

Glashütte im Jahr 1855
Als Unternehmer installierte er die Uhrenindustrie in dem abgelegenen Flecken Erde ohne infrastrukturelle Anbindung ans höfische Dresden.

Hier befanden sich die ersten Ateliers von Ferdinand Adolph Lange
In seiner Eigenschaft als Bürgermeister seiner Wahlheimat sorgte er dafür, wie Walter Lange in einer Laudatio auf seinen Urgroßvater zum Ausdruck brachte, dass die Misthaufen vor den Glashütter Häusern verschwanden und die Ortschaft sozusagen salonfähig wurde.

Walter Lange erinnert am 18. Februar 2015 in Glashütte an seinen Urgroßvater Ferdinand Adolph Lange

Denkmal für Ferdinand Adolph Lange am Glashütter Marktplatz
Landtagsabgeordneter war Ferdinand Adolph Lange übrigens auch. Und als solcher kümmerte er sich um vernünftige Wege zwischen der großen reichen Kunstmetropole und dem aufstrebenden Zentrum sächsischer Uhrmacherkunst. Als er im Dezember 1875 an einem Hirnschlag verstarb, hinterließ er im Müglitztal das, was man gemeinhin blühende Landschaften nennt.

Glashütte im Jahr 1879
Warum schreibe ich das? Ganz einfach: Am heutigen 18. Februar 2015 jährt sich der 200. Geburtstag des wahrhaft legendären Ferdinand Adolph Lange. Grund genug, nach Sachsen zu reisen und ein wenig auf den Spuren des Begründers der Glashütter Uhrenindustrie zu wandeln. Natürlich gedachte die Gemeinde ihrem Ehrenbürger im Rahmen einer Feierstunde neben dem Denkmal am Marktplatz in Glashütte.

Lange CEO Wilhelm Schmid stellt klar, dass Glashütte Ferdinand Adolph Lange unheimlich viel verdankt.

Neben dem Glashütter Büürgermeister Markus Dressler eine noch verhüllte Gedenktafel für die Fassade des alten Rathauses in Glashütte. Dort wirkte Ferdinand Adolph Lange als Bürgermeister

Diese Gedenktafel wird demnächst die Fassade des alten Rathauses in Glashütte zieren


200 Luftballons zu Ehren von Ferdinand Adolph Lange
Das ist freilich nur eine Möglichkeit zur Ehrung des Visionärs, der viele Zeitgenossen zum Schritt in die berufliche Selbständigkeit ermutigte und durch sein vielfältiges Handeln einen bemerkenswerten Wohlstand herbeiführte.
Die zweite besteht darin, das uhrmacherische Lebenswerk des Ferdinand Adolph Lange im Kontext seiner Epoche aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Dieser Mann kümmerte sich nämlich nicht nur um die Entwicklung und Optimierung von Präzisionsuhren,

Das Dosenmikrometer von Ferdinand Adolph Lange ermöglichte sehr präzise Messungen

Zehntelmaß
sondern ihm waren auch die dazu nötigen Werkzeuge und Maschinen ein echtes Anliegen. Insofern ist das Spektrum der teilweise patentierten Erfindungen ein sehr Beachtliches.

Dreiviertelplatine von Ferdinand Adolph Lange

Allem und mehr trägt die gestern eröffnete Ausstellung „Einfach vollkommen, Sachsens Weg in die internationale Uhrenwelt. Ferdinand Adolph Lange zum 200. Geburtstag“ im Mathematisch-Physikalischen Salon des Dresdner Zwinger gebührend Rechnung.

Der Dresdner Zwinger
Der Rundgang, den ich gestern vorab in kleiner Runde machen konnte, hat mich ausgesprochen beeindruckt.

"Einfach vollkommen …." Ausstellung im Mathematisch-Physikalischen Salon des Dresdner Zwinger

Lange CEO Wilhelm Schmid, Museumsdirektor Peter Plaßmeyer, Ausstellungsmacherin Sibylle Gluch
Er zeigt anhand von achtzig ausgewählten Exponaten, darunter Leihgaben anderer namhafter Museen den Weg der Präzisionsuhrmacherei von der Seefahrernation England herüber nach Sachsen. Die Schweiz spielte diesbezüglich im frühen und mittleren 18. Jahrhundert noch eine untergeordnete Rolle. Beherrschende Themen waren Navigation auf hoher See und natürlich die speziell im Dresdner Zwinger hoch im Kurs stehende Astronomie, beides angewiesen auf genau gehende Uhren.
In Punkto sächsischer Präzisionszeitmessung war Ferdinand Adolph Lange beileibe nicht der Erste. Einer der Wegbereiter, Johann Heinrich Seyffert, hatte Jurisprudenz studiert. Als Inspektor des Mathematisch-Physikalischen Salon und der Kunstkammer beschäftigte er sich sozusagen nebenberuflich mit der Anfertigung hochfeiner, mehr oder minder schnell tickender Gerätschaft. Sehr zum Verdruss der Uhrmacherzunft, die derartige „Fremdgänger“ gar nicht schätzte.

Dritte von links: Sekundenpendeluhr von Johann Heinrich Seyffert, 1794
Tatsächlich musste sich Seyffert auch gegen über seinem Arbeitgeber rechtfertigen. Aber Seyffert hatte keineswegs aus eigenem Antrieb gehandelt. Die mit einer Belohnung versüßte Motivation stammte vom Astronomen Franz Xaver von Zach, der eine Taschenuhr wünschte, welche in Gotha „die Zeit richtig von der Sternwarte bis zur Herzoglichen Residenz an den Friedenstein, und von da wieder zurück bringen würde.“ Seyffert schlug ein, erbat sich jedoch vom Auftraggeber leihweise dessen Chronometer aus der Werkstatt des nach England ausgewanderten Schweizers Josiah Emery. Nach eingehenden Studien baute Seyffert seinen Präzisionszeitmesser nach Emerys Vorbild. Ich muss nicht erwähnen, dass von Zach zufrieden war. Der uhrmacherische Autodidakt hatte sich übrigens in seinem Produkt adäquat verewigt: „Anch’io sono pittore.“, was auf gut Deutsch heißt „Auch ich bin ein Maler.“ Vermutlich hat sich der Hersteller dieser Uhr jedoch als Künstler gesehen.
Gutkaes, in dessen Firma Ferdinand Adolph Lange vor seinem Engagement in Glashütte arbeitete, verdankt Dresden unter anderem die Fünf-Minuten-Uhr in der Semperoper.

Fünf-Minuten-Uhr in der Dresdner Semperoper
Deren digitale Zeitanzeige diente A. Lange & Söhne als Vorbild bei der Konstruktion des imposanten „Zeitwerk“ fürs Handgelenk.

Das brandneue “Zeitwerk” mit Minutenrepetition, vorgestellt während des SIHH 2015
Im Müglitztal angekommen, beschäftigte sich Ferdinand Adolph Lange ab 1845 intensiv mit der Herstellung einfacher, aber vollkommener Präzisionstaschenuhren mit spezieller Ankerhemmung. Was er und seine Mitarbeiter zu leisten imstande waren, zeigte Lange erstmals 1851 während der Weltausstellung in London. Weil seine Taschenuhren nicht nur genauer gingen als viele Konkurrenzprodukte, sondern dazu auch noch preislich günstiger waren, stand einem Welterfolg nichts mehr im Wege.



Adolph Lange Taschenuhr Nr. 6199

Patentierter Mechanismus: Taschenuhr mit unabhängiger springender Sekunde
Zum Leben und Wirken von Ferdinand Adolph Lange hier noch einige Zahlen und Fakten:
6.700 Taler Zuschuss (davon 1.120 für Werkzeuge) erhielt er als Startkapital für sein Unternehmen vom Königlich Sächsischen Ministerium des Innern
18 Jahre lang war Lange Bürgermeister von Glashütte (1848-1866) und errichtete in seiner Amtszeit zahlreiche Straßen, Brücken und Ufermauern.
15 Lehrlinge stellte Lange ein, als er 1845 in Glashütte sein Unternehmen gründete
9 Meter lang ist das Drei-Sekunden-Pendel der Hausuhr, die Lange 1873 im Stammhaus einbaute. Das Pendel schwingt noch heute präzise.

Lange Stammhaus in Glashütte
7 Patente werden Lange direkt zugeschrieben, zahlreiche weitere beantragten seine Söhne
6¼ Stunden benötigte damals eine Postkutsche von Dresden nach Glashütte
4 Jahre verbrachte er während seiner Wanderjahre bei dem Uhrmacher Joseph Thaddäus Winnerl in Paris
Technisch Interessierte bekommen in der von A. Lange & Söhne großzügig unterstützten Ausstellung auch faszinierende Schnittbilder eines Computertomographen zu sehen. Sie zeigen das Innenleben des kriegsbedingt weitgehend zerstörten Innenleben des Seyffert-Chronometer Nr. 8 aus dem Jahr 1811.

Blick mit dem Computertomograph in den verrosteten Seyffert-Chronometer 8
Geschlossen und abgebaut wird ab 15. Juni 2015.
Apropos kriegsbedingte Zerstörungen: Wer nach Dresden kommt, sollte sich auch noch in die Gasanstaltstr. 8b zum Dresdner Panometer begeben. Täglich außer Montag kann man dort das einzigartige 360 Grad-Panorama der 1945 zerbombten Stadt Dresden bestaunen. Der Künstler Yadegar Asisi stellt hier ein gleichermaßen faszinierendes wie bedrückendes Monumentaldokument zur Schau. Den besten Blick hat man von der 15 Meter hohen Plattform im inneren des ehemaligen Dresdner Gasometer.




Bedrückendse, aber auch wach rüttelnde Impressionen im Dresdner Panometer


Zurück zu A. Lange & Söhne. Natürlich hat die nach dem Mauerfall wiederbelebte Glashütter Nobelmanufaktur den 200. Geburtstag des Firmengründers zur Kreation einer limitierten Armbanduhr genutzt. In Reminiszenz ans Geburtsjahr handelt es sich um eine Repräsentantin der betont sachlichen Uhrenlinie „1815“.

Wilhelm Schmid präsentiert die Lange 1815 200th Anniversary in Platin
Das 40 Millimeter große Platingehäuse beherbergt ein Manufaktur-Handaufzugswerk vom Kaliber L051.1.

Handaufzugskaliber L051.1. in der Lange 1815 200th Anniversary
Insgesamt wird es dem Anlass entsprechend nur 200 Exemplare zum Preis von je 31.500 Euro geben.

Lange 1815 200th Anniversary
Die ersten liegen übrigens schon seit heute bei ausgewählten Boutiquen und Konzessionären.